Weihnachten zuhause?, dachten wir damals, jung verheiratet. Auf keinen Fall. Seine Eltern, meine Eltern, das Familientreffen am zweiten Weihnachtstag: Das Fest wäre ein einziges Herumsitzen inmitten von Kitschdeko, abgerundet durch Plätzchenessen, Weihnachtsessen, Stollenessen und natürlich – Gruselmusik. Lieber weg, zu zweit allein und so tun, als wäre die Welt weihnachtsfrei.
Auf Empfehlung mieteten wir eine Ferienwohnung im Schwarzwald. Wir verbrachten eine ungestörte Zeit – bis der Heiligabend nahte. Was wir zwei denn so täten am Heiligen Abend? Nichts. Dafür seien wir ja hier. Das ginge aber nicht, man lade uns ein. Weigerungen, mehrfach: zwecklos. Also am nächsten Abend, dem Heiligen, hinunter zu den Vermietern. Dort gab es dann Bratwurst mit Forelle, Mohnpudding mit Trockenobst und danach: Geschenke! Das erwischte uns kalt, wir konnten uns nicht revanchieren. Als dann auch noch der Fernseher eingeschaltet wurde und die Herrschaften mit Gotthilf Fischer zusammen Weihnachtslieder anstimmten, wussten wir, dass die nächste Flucht besser geplant werden musste.
So reisten wir einige Jahre später in südlichere Gefilde, wo der Baum keine Nadeln, sondern Palmwedel hat – und kamen vom Regen in die Traufe. Weihnachtsmusik in jedem Bus, jedem Geschäft, sogar die Straßen wurden beschallt. Das Wort Kitschdeko bekam eine ganz neue Dimension, die Geschenkewelle rollte mehrfach, zu Weihnachten und dem Dreikönigsfest. Was auch immer ein Kind auspackte, blinkte, klingelte, düdelte, trötete oder machte sonstigen Lärm.
Seit einigen Jahren verbringen wir Weihnachten wieder zuhause. Ohne Deko, ohne Rieselmusik, ohne Süßigkeiten. Wir halten den Kopf unten und die Füße still und hoffen, dass niemand mit Geschenken vorbeischneit. Also: verraten Sie uns bitte nicht!
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