Zu Besuch bei ... Johanna Klement

Ihre Reise von der Medizin zur Kinderbuchautorin war Zufall, geprägt von einer Liebe zu vielseitigem Lesen und Schreiben. Ihr Traum? Das perfekte Gleichgewicht zwischen Aufträgen zu finden und entspannt in die Zukunft zu blicken.

Wie sieht Ihr Schreiballtag aus?
Ziemlich flexibel. Ich schreibe immer an unterschiedlichen Orten: mal am Schreibtisch, mal auf dem Boden im Kinderzimmer, manchmal draußen unterm Apfelbaum oder auch unter dem Dach des Lübecker Kinderliteraturhauses, wo ich mir mit drei anderen Kinderbuchautorinnen ein Büro teile.
Bevor ich morgens starte, höre ich gerne Podcasts und frühstücke in Ruhe. Dann arbeite ich zwischen erschreckend langsam (wenig Motivation/wenig Deadlines/irgendjemand ist krank) und rasend schnell (tolle Ideen/Zeitdruck). Nachmittags hat mich meist der Alltag fest im Griff, von Wir-brauchen-bis-morgen-ein-Heft-XYZ über Mist-die-Bücher-mussten-ja-heute-abgegeben-werden bis Ups-wir-haben-nichts-zum-Abendbrot. Häufig schreibe ich dann abends weiter, wenn die Kinder im Bett sind.

Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Wissenschaftlich schreibe ich schon lange, da ich als Medizinerin zwölf Jahre in der Forschung gearbeitet und mich danach als Medical Writer selbständig gemacht habe. Das kreative Schreiben von Kinderbüchern war dann eher Zufall. Ich habe für meinen Sohn eine Geschichte über drei kleine Zellen geschrieben, die im Körper die wildesten Abenteuer erleben. Diese kleinen Rebellenzellen haben sich dann verselbstständigt: Erst haben sie meine Agentin auf sich aufmerksam gemacht, dann haben sie sich bei einem Verlag eingenistet, dann haben sie mich überzeugt: Mittlerweile schreibe ich fast alles, von Bilderbuch bis Sachbuch.

Was wollten Sie als Kind werden?
Würde ich jetzt  Autorin schreiben, wäre das gelogen. Ich habe schon als kleines Kind Musicals geliebt und wollte eine Zeit lang Maskenbildnerin werden. Natürlich nur an den großen Bühnen meiner geliebten Musicalstars. Dann Goldschmiedin. Und dann schon recht bald Ärztin.

Welche/r Autor*in oder welches Buch hat Sie nachhaltig geprägt?
Ehrlich gesagt war das kein bestimmtes Buch, sondern gerade der wilde Mix! Wir waren sehr oft in der Bücherei und auf Flohmärkten und ich habe es geliebt querbeet zu lesen, mal Comics, mal Klassiker. Bis heute liebe ich es, je nach Lust und Laune beim Lesen und Schreiben das Genre zu wechseln.

Wie gehen Sie mit Schreibblockaden oder kreativen Krisen um?
Da habe ich tatsächlich Glück, dass ich in so vielen verschiedenen Bereichen tätig bin: Hakt es im fiktionalen Bereich, schreibe ich beim Sachbuch weiter oder arbeite an meinen wissenschaftlichen Projekten. Steht allerdings eine Deadline an – was ja auch im kreativen Bereich der Fall ist – hilft es mir häufig, einfach weiterzuschreiben oder auch mal eine Szene zu überspringen, die gerade absolut nicht aufs Papier will. Ich markiere mir dann, wo ich später noch mal ran muss.

Wie vereinbaren Sie Ihre Tätigkeit als Medical Writer und Kinderbuchautorin?
Ich habe mich 2019 als Medical Writer selbständig gemacht. Das bedeutet, ich schreibe meist für große Unternehmen im Bereich Medizin oder Public Health wissenschaftliche Texte über den aktuellen Stand der Forschung zu einem bestimmten Thema. Die Texte sind meist auf Englisch und an ein Fachpublikum gerichtet. Allerdings finde ich das Schreiben von Texten für Kinder mindestens genauso anspruchsvoll. Da ich freiberuflich arbeite, kann ich mir einteilen, wann ich mir mehr Zeit für den wissenschaftlichen und wann für den kreativen Bereich nehme. Manchmal drängelt beides. Und dann ist da noch das Familienmanagement. Und mein hohes Schlafbedürfnis. Und, und, und.

Gibt es einen Traum, den Sie als Schriftsteller*in noch verwirklichen möchten?
Ich möchte einmal den Zustand erreichen, gerade genug Aufträge zu haben, um entspannt in die Zukunft zu blicken und gerade nicht zu viele, um nicht im Stress unterzugehen. Ich rausche oft wie auf einer Wippe hin und her – so ein perfektes Gleichgewicht eine Weile zu halten, das wär’s!