Zu Besuch bei ... Felicity Whitmore
Was sich hinter jedem ihrer wunderbaren Romane verbirgt: fünf Hunde, Goethe und der Traumberuf Bäuerin – oder doch lieber feine Dame? Felicity Whitmore verrät uns, wie sie zum Schreiben kam und wie ihr Arbeitsalltag als Autorin aussieht.
Wie sieht Ihr Schreiballtag aus?
Mein Schreibtag beginnt früh morgens, wenn ich, kurz nach Sonnenaufgang, mit meinen Hunden in den Wald gehe. Dabei kommen mir die besten Ideen, oder ich denke über das nach, was ich am Tag zuvor geschrieben habe, und mir fällt noch etwas dazu ein. Wenn wir wieder zu Hause und alle Zwei- und Vierbeiner gefüttert sind, setze ich mich an den Computer und lege los. In der Regel liegen meine fünf Hunde schnarchend um mich herum. Das ist die beste Arbeitsatmosphäre. Im Sommer schreibe ich draußen, im Winter drinnen. Ich wechsle meine Schreiborte gern mal, schreibe aber immer zu Hause (oder im Ferienhaus, wenn wir in England sind). Unterwegs, im Café oder so, kann ich nicht gut arbeiten. Es gibt Phasen, in denen ich nur am Plot arbeite und überlege, was passiert wann, wie ist die Geschichte aufgebaut. Wenn ich dann die grobe Struktur habe und ans eigentliche Schreiben gehe, nehme ich mir zehn Seiten pro Tag vor. Manchmal ist das aber auch nicht zu schaffen, wenn ich viel recherchieren muss. Und manchmal läuft es so gut, dass ich auch mal zwanzig Seiten am Tag schaffe. In der Überarbeitungsphase nehme ich mir eher hundert Seiten am Tag vor, da steht ja schon vieles und es geht deutlich schneller voran.
Haben Sie dabei feste Rituale?
Nein, Rituale halten mich nur auf. Goethe hat gesagt: Erfolg hat drei Buchstaben: T U N. Daran denke ich oft und lege los, sobald ich am Schreibtisch sitze. Aber ich lasse mich gern ablenken, wenn Mails kommen, beantworte ich die sofort, oder wenn einer meiner Hunde unbedingt spielen oder Tricktraining machen möchte, dann unterbreche ich immer gerne.
Arbeiten Sie mit einem Notizheft, einer Pinnwand oder Ähnlichem?
Ja, ich arbeite mit Notizbüchern. Besonders in der Plot-Phase brauche ich sie sehr viel. Ich habe es schon mit verschiedenen Computerprogrammen versucht, kehre aber immer wieder zum Notizbuch zurück.
Was wollten Sie als Kind werden?
Feine Dame, Kapitänin, Zirkusartistin, Bäuerin und Schriftstellerin. Ich glaube, das war die Reihenfolge. Einen dieser fünf Berufswünsche habe ich immerhin verwirklichen können, an den anderen arbeite ich noch.
Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Mit zwölf Jahren, als ich eigentlich noch Bäuerin werden wollte, habe ich angefangen Agatha Christie zu lesen und war begeistert. In dieser Zeit kam ich auf die Idee, dass es noch viel besser sein muss, Schriftstellerin zu sein als Bäuerin oder feine Dame. Ich habe auch sofort angefangen meinen ersten Roman zu schreiben. Leider ist dieses Werk heute nicht mehr erhalten. Der Wunsch hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Als mein Mann und ich 2012 in Fowey, der Wahlheimat Daphne Du Mauriers, am Hafen saßen (auch Agatha Christies Ferienhaus Greenway war nicht weit entfernt), habe ich mir gedacht, jetzt nehme ich das Schreiben noch einmal ernsthaft in Angriff. Ich kam nach Hause, habe mich bei der Schule des Schreibens angemeldet und während meines Fernstudiums, in dem ich sämtliches Handwerkzeug des Schreibens erlernt habe, entstand mein Debut, „Der Klang der verborgenen Räume“. Als ich das gedruckte Buch 2017 endlich in den Händen halten konnte, ist wirklich ein Traum in Erfüllung gegangen. Und bis heute, mit jedem neuen Buch, kommt mir das alles noch wie ein wunderschöner Traum vor.
Welche*r Autor*in/welches Buch hat Sie nachhaltig geprägt?
Alle Bücher von Agatha Christie, wie gesagt, sie war der Grund, warum ich schreiben wollte. Aber auch Jane Eye von Charlotte Bronte und Rebecca von Daphne Du Maurier sind solche Romane, die mich als junges Mädchen gepackt haben, und die ich auch heute noch immer wieder gern lese.
Welche*r Autor*innen sollte/n unbedingt noch entdeckt werden?
Carolin Hagebölling. Ich habe ihren Roman „Der Brief“ gelesen und er hat mich nachhaltig beeindruckt. Die Idee hinter der Geschichte ist großartig und sie hat einen wunderschönen Sprachstil. Ich finde, das Buch müsste viel bekannter sein.
Welches Buch hat Sie jüngst begeistert?
Mich begeistern viele Bücher. Da ich extrem viel lese, lese ich auch viele großartige Bücher. Aber besonders begeistert haben mich in letzter Zeit Delia Owns „Der Gesang der Flusskrebse“, Katherine Webb „Besuch aus ferner Zeit“ und Riley Sager „Verschließ jede Tür“.
Wen oder was wollen Sie unbedingt noch lesen?
„Das Reich der Sieben Höfe“ von Sarah J. Maas. Bislang habe ich noch nicht viel Fantasy gelesen (außer natürlich Harry Potter, den habe ich verschlungen), aber ich höre immer wieder so viele begeisterte Stimmen dazu, dass ich diese Reihe auch mal lesen möchte.
Was lesen Sie zurzeit?
„Von hier bis zum Anfang“ von Chris Whitaker, auch sehr packend geschrieben.
Wo lesen Sie am liebsten?
Auf dem Sofa, umgeben von meinen Hunden.
Wofür legen Sie jedes Buch beiseite?
Für meine Hunde.