Buch Coast Road, Foto von Autor Alan Murrin und Zitat von Gillian Anderson. Diesen Roman habe ich geliebt.
Buch Coast Road, Foto von Autor Alan Murrin und Zitat von Gillian Anderson. Diesen Roman habe ich geliebt.
An der irischen Küste schwimmt man nicht gegen den Strom
Coast Road

Herbst 1994. Die Bewohner des irischen Küstenstädtchens Ardglas beschäftigt nur ein Thema: Colette Crowley – Dichterin, Bohemienne, die Frau, die ihre Familie verlassen hat, um in Dublin ihr Glück zu finden – ist zurück und wohnt in einem kleinen Cottage an der Coast Road. Jeder ihrer Schritte wird von der Gemeinde argwöhnisch beäugt. Hat sie es verdient, dass ihr Mann ihr den Zugang zu den Kindern verwehrt? In ihrer Verzweiflung bittet Colette eine Bekannte um Hilfe, Izzy Keaveney, Hausfrau und Mutter, unglücklich verheiratet mit einem Lokalpolitiker, der sich ausgerechnet für die Legalisierung der Scheidung im Land einsetzt. Und so entsteht zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Frauen eine Bindung, die ihre Leben in ungeahnte Bahnen lenkt.

In schnörkelloser Prosa, mit psychologischem Feingefühl und großartiger Beobachtungsgabe erzählt Alan Murrin von den gesellschaftlichen Einschränkungen, die Frauenleben in Irland vor gerade einmal dreißig Jahren bestimmten – kurz bevor Scheidung in einem Referendum mit knapper Mehrheit legalisiert wurde – und beleuchtet dabei subtil, was Frauen überall auf der Welt auch heute noch davon abhält, ihre Partner zu verlassen.

Ausgezeichnet als »Newcomer of the Year« bei den Irish Book Awards 2024

»Alan Murrin schreibt wie die besten irischen Autoren mit einer ruhigen, poetischen Gewandtheit.« Sarah Winman

»Die weiblichen Figuren sind komplex und faszinierend, voller Wut und Hoffnung. Ich konnte das Buch kaum aus den Händen legen.« Gillian Anderson

»Alan Murrin ist ein begabter Erzähler, der seine Figuren so dreidimensional zeichnet, dass ich mit ihnen mitgefiebert und mitgelitten habe, als wären sie real.« Louise Kennedy

Bibliografische Daten
EUR 24,00 [DE] – EUR 24,70 [AT]
ISBN : 978-3-423-28457-8
Erscheinungsdatum: 13.02.2025
1. Auflage
384 Seiten
Format : 11,8 x 19,5 cm
Sprache: Deutsch, Übersetzung: Aus dem Englischen von Anna-Nina Kroll
Autor*innenporträt
Alan Murrin

Alan Murrin ist ein irischer Schriftsteller, der seit einigen Jahren in Berlin lebt. Er absolvierte den renommierten Masterstudiengang im Kreativen Schreiben an der University of East Anglia. 2021 gewann er für seine Kurzgeschichte ›The Wake‹ den Bournemouth Writing Award; die Geschichte stand ebenfalls auf der Shortlist für die Kurzgeschichte des Jahres der Irish Book Awards. Als Kulturkritiker schrieb er u. a. für The Irish Times, TLS  und The Spectator. ›Coast Road‹ ist sein Debütroman, für den er 2024 bei den Irish Book Awards als ›Newcomer of the Year‹ ausgezeichnet wurde.

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Übersetzer*innenporträt
Anna-Nina Kroll

Anna-Nina Kroll, 1988 in Essen geboren, studierte Literaturübersetzen in Düsseldorf. Sie hat u. a. Werke von Donal Ryan, Carmen Maria Machado, John Irving und Anna Burns ins Deutsche übertragen. Für ihre Übersetzung von Anna Burns' ›Milchmann‹ erhielt sie im Jahr 2021 den Förderpreis zum Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW.

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erul am 03.02.2025 23:02 Uhr

Frauenrechte in Irland – Emotional und beeindruckend

Alan Murrin hat einen sehr flüssigen fesselnden Schreibstil. Er beschreibt die Geschichte sehr detailliert und einfühlsam.Das Cover mit dem Blick 'hinter die Kulissen' ist wunderschön, ebenso das Hardcover, das ebenfalls farbig gestaltet ist.Die Handlung spielt in dem irischen Städtchen Ardglas an der Küste in der Zeit 1994 bis 1995. Die Geschichte der drei ganz unterschiedlichen Frauen wird sensibel in wechselnden Perspektiven geschildert.Izzy ist mit James verheiratet, einem Abgeordneten, der sich für das Recht auf Scheidung engagiert. Izzy ist aber unglücklich in ihrer Ehe.Dolores ist mit Donal verheiratet, der sie ständig betrügt und vor dem keine Frau sicher ist.Die Dichterin Colette hatte ihren Mann wegen eines anderen Mannes verlassen und ist wieder nach Ardglas zurückgekehrt.Der Roman hat mich so sehr berührt und gefesselt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.Für uns unvorstellbar, dass in Irland erst vor 30 Jahren Scheidungen legalisiert wurden. Über die Abschaffung des Ehescheidungsverbots wurde 1995 mit ganz knapper Mehrheit abgestimmt. Dass über dieses bedrückende Thema von einem Mann geschrieben wird, hat mich fasziniert.Das Leben zu der Zeit in Irland mit den gesellschaftlichen Zwängen und der verlogenen Moral wird einem klar vor Augen geführt.Absolut lesenswert!

jessi2712 am 05.02.2025 18:02 Uhr

Drei Frauen, gefangen in unglücklichen Ehen – ein beeindruckendes Debüt!

Worum geht’s? Colette Crowley hat das Undenkbare getan: für eine Affäre hat sie Mann und Kinder verlassen und ist nach Dublin durchgebrannt. Doch jetzt ist sie zurück im irischen Küstenstädtchen Ardglas. Jeder ihrer Schritte wird von der Gemeinde argwöhnisch beobachtet. Sie mietet sich im Cottage von Donal und Dolores Mullen ein, um erstmal zur Ruhe zu kommen. Als ihr Mann Shaun ihr nach ihrer Rückkehr den Kontakt zum jüngsten Sohn Carl verbietet, sucht sie in ihrer Verzweiflung schließlich Rat bei Izzy, die in einer unglücklichen Ehe mit Lokalpolitiker James gefangen ist, der sich für die Legalisierung der Scheidung in Irland einsetzt. Izzy versucht, Colette den Kontakt mit Carl zu ermöglichen, was natürlich nicht lange unbemerkt bleibt. So steuern die Frauen immer näher auf die abschließende Katastrophe zu. Wie war‘s? Coast Road war für mich ein packendes, erschütterndes Debüt. Ein Buch, dessen Handlung gut vor 100 Jahren spielen könnte, denn ich konnte kaum glauben und mir war bis dato nicht bewusst, dass es 1994 in Irland nicht möglich war, sich einfach scheiden zu lassen, wenn eine Ehe nicht mehr funktioniert. Alan Murrin schildert sehr eindrücklich, was es mit den Frauen macht, nicht aus ihren unglücklichen Beziehungen ausbrechen zu können. Vor allem der Hass, den Izzy auf ihren Mann James entwickelt, war meiner Meinung nach sehr anschaulich dargestellt und auch gut nachzuvollziehen. FazitKein vergnügliches Buch, kein Buch, das man einfach so nebenbei liest – dafür ein Debüt, das einen lange beschäftigt und im Gedächtnis bleibt.

nicomagda am 27.01.2025 17:01 Uhr

Frauen in Irland 1994

Irland 1994: Eine Ehescheidung ist noch nicht möglich!!!In dem kleinen Küstenort Arsdale gibt es nur noch ein Thema: Colette Crowley , eine Dichterin , ist zurück und wohnt nun in einem kleinen Cottage. Sie hat ihre Familie verlassen und wollte in Dublin ihr Glück finden..Die Gemeinde redet über sie und beobachtet sie. Hat Colette es wirklich verdient, dass ihr Ehemann ihr den Zugang zu ihren Kindern verwehrt!In ihrer Verzweiflung wendet sie sich an Izzy, die Frau eines Lokalpolitikers. Auch ihre Ehe ist nicht glücklich. Es entsteht eine Bindung zwischen den Frauen , die ihre Leben in unerwartete Bahnen lenkt. Das ist ein sehr guter Roman, der aufzeigt, was Frauen abhält ihren Partner zu verlassen - auch wenn die Beziehung unglücklich ist. Es ist erschreckend, wie angewiesen auf ihre Männer Frauen noch 1994 in Irland waren.Geschrieben ist der Roman sehr flüssig und ohne irgendwelche Längen geschrieben. Die Geschichte hat einen unerwarteten Verlauf, der mich sehr berührt hat. Ein überaus lesenswertes Buch, das einen Einblick in die irische Gesellschaft 1994 gibt!Mir hat dieser Roman hervorragend gefallen!

gudrun_4 am 05.02.2025 23:02 Uhr

Dramatische Schicksale

Was heute die sozialen Medien besorgen, war noch in den Neunziger Jahren in einem kleinen Küstenort in Nordirland die Sache von Kirche, Kneipe und Gemischtwarenladen. So ist es zu verstehen, dass Colette Crowley im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stand, als sie plötzlich wieder in ihrem Heimatort auftaucht. Sie hatte das Dorf, ihren Ehemann und die Söhne verlassen, um mit einem fremden Mann nach Dublin zu gehen und dort ihr Glück zu finden und versucht nun, sich ihrer Familie wieder anzunähern, doch das misslingt gründlich. Von den Frauen des Ortes schlägt ihr Misstrauen, Missachtung, zuweilen so etwas wie Neid auf ihre Courage entgegen. Die Männer schauen ihr wegen ihrer Schönheit hinterher und betrachten sie, die allein in einem abgelegenen Cottage auf der Coast Road lebt, teilweise gar als “Freiwild”. Keinesfalls würde sich einer der “geachteten Bürger” gegen den Ehemann stellen, der Colette den Kontakt zu ihren Söhnen verwehrt. Sie findet Unterstützung bei Izzy, der unzufriedenen Ehefrau eines Politikers, der sich ausgerechnet für das Scheidungsrecht einsetzt, aber sehr auf seinen guten Ruf bedacht ist. Heimlich hilft sie Colette, sich mit ihrem Sohn zu treffen und ist in ihrer Widersprüchlichkeit der für mich interessanteste Charakter. Doch auch alle anderen Personen, angefangen vom Dorfpfarrer über den Fleischer oder die Söhne von Izzy und Colette werden überzeugend und differenziert dargestellt.Der Roman ist genial komponiert: Abwechselnd wird in jedem Kapitel das aktuelle Geschehen oder die Erinnerung an Vergangenes aus dem Blickwinkel einer anderen Person erzählt. So erfahren wir ganz verschiedene Sichten auf die Ereignisse und die Motive der Protagonisten. Das ist total spannend und macht verständlich, wie schwierig die Lage der Frauen in einer Zeit war, als Ehescheidungen per Gesetz verboten waren. Es zeigt, dass es für manche unglücklich verheiratete Frau kaum möglich war, aus dem gesellschaftlichen Rahmen und ihrer Ehe auszubrechen.

irislobivia am 04.02.2025 14:02 Uhr

Faszinierend düsterer Blick ins weibliche Irland der Neunziger

Wenn man „Coast Road“ von Alan Murrin liest, fühlt man sich, als wäre man durch die Zeit gefallen. Betrachtet man das Frauenbild, dass Murrin in glasklarer Prosa zeichnet, fühlt man sich in die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts zurückversetzt. Was einem kleinen Schock gleichkommt. Denn tatsächlich spielt das Buch kurz vor der Jahrtausendwende, Mitte der Neunziger-Jahre. Der Roman zeichnet den Lebensweg von Izzy, Colette und Dolores in einem kleinen irischen Küstenstädtchen nach und schildert ihr unglückliches Leben als Hausfrau und Mutter. Während Dolores ein Kind nach dem anderen bekommt und dabei peinlichst genau auf ihre Linie achtet – denn die ist ihrem Mann, der sie mit anderen betrügt, sehr wichtig – spürt Izzy einem Leben nach, das ihres sein könnte, das ihr aber von ihrem Mann, einem ambitionierten Lokalpolitiker verwehrt wird. Colette hingegen ist ausgebrochen aus ihrer tristen Ehe. Die Schriftstellerin hat ihren Mann verlassen und kehrt nach einer Zeit aus der Großstadt zurück, um neu anzufangen, vor den Augen derer, die sie am liebsten verstoßen würden. Sie wird geächtet, von ihren Kindern ignoriert, teilweise sogar angefeindet, denn die toxischen Einstellungen gegenüber Frauen und ihren eigenen Wünschen scheinen sie von ihrem Vater mitbekommen zu haben. Als Colette in ein kleines Häuschen zieht, um näher, aber doch nicht zu nah bei ihrer Familie zu sein, wird jeder ihrer Schritte genau beäugt. Murrin zeichnet in seinem Roman drei verschiedene Lebenslinien, die sich berühren und wieder auseinanderdriften, um sich erneut zu tangieren. Eindrucksvoll beschreibt er das Leben Von Izyy, Colette und Dolores und zeigt schonungslos auf, was sie sind: Frauen, die im Irland der Neunziger verloren sind, denen die Selbstverwirklichung verwehrt ist und schaffen sie es doch, ihren eigenen Weg unter dem Misstrauen der kleinen Stadt zu gehen, dann nur unter großen Entbehrungen, die sie emotional auszehren."Coast Road" ist ein berührendes Werk, das den Leser auf eine emotionale Reise durch das Irland des späten 20. Jahrhunderts mitnimmt, in eine Zeit, in der Scheidungen noch immer verboten sind, in der Frauen gezwungen sind, sich am Tag ihrer Hochzeit selbst aufzugeben, wollen sie gesellschaftlich anerkannt werden. Es ist ein düsterer Roman, den Murrin in klarer, nüchterner und dennoch oft poetischer Sprache zeichnet. Mit großer Sensibilität schildert er die inneren Kämpfe der Hauptfiguren. Er zeichnet ein plastisches, tiefgründiges Bild der Charaktere, dokumentiert Konflikte und Missverständnisse, die sich aufstauen und den Leser betroffen zurücklassen. "Coast Road" ist eine Einladung, innezuhalten, die eigenen Lebenswege zu hinterfragen und scheinbare Selbstverständlichkeiten als das zu erkennen, was sie sind – hart erkämpfte Wahrheiten. Sehr gut dazu passt das Cover, das eine liebliche Landschaft zeigt, die unschön aufgerissen ist, das Papier hängt in Fetzen und ermöglicht einen kleinen Blick hinter die Kulissen einer nur scheinbar harmonischen Kleinstadtidylle.

282k am 04.02.2025 17:02 Uhr

Gefangen in einer unglücklichen Ehe

Der Roman spielt in einer kleinen irischen Stadt im Herbst 1994, als Scheidungen noch verboten waren. Männer hatten bedeutend mehr Freiheiten. Das lag meiner Ansicht nach vor allem daran, dass eine Frau wirtschaftlich völlig von ihrem Ehemann abhängig war und am herrschenden Rollenbild. Haushalt, Kinder und im konservativen Irland die Kirche, das war der Wirkungskreis der Ehefrau. Dementsprechend groß ist die Aufregung in der Gemeinde, als Colette Crowley in den Ort zurückkehrt. Sie hatte ihre Familie - Ehemann und Kinder - verlassen, um in Dublin zu leben. Erschwerend in den Augen der anderen kommt hinzu, dass sie eine Dichterin ist und somit auch hier nicht den Konventionen entspricht. Den Preis, den sie für ihren Ausbruch bezahlt, ist hoch. Ihr Mann, Fabrikbesitzer und von Einfluss, verbietet ihr den Kontakt zu ihren Kindern, zahlt keinen Unterhalt. Izzy ist mit einem Politiker verheiratet, der die meiste Zeit nicht zuhause ist Sie wäre gerne berufstätig, was er ablehnt und wünscht sich mehr Unterstützung von ihm. Das führt immer wieder zu Streit. Dolores ist die dritte wichtige Person. Sie ist ebenfalls Hausfrau und betreut die wachsende Kinderschar. Ihr Ehemann Donal ist ein notorischer Fremdgänger, der seine Frau demütigt. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, als Colette das Ferienhaus der beiden mietet.Ich habe schon lange keinen Roman mehr gelesen, der mich emotional so bewegt hat. Zum einen fand ich die Situation der Frauen schreiend ungerecht . Zum anderen fand ich es bestürzend, dass die geschilderten gesellschaftlichen Verhältnisse erst 30 Jahre zurückliegen. Colette ist für mich eine tragische Figur. Sie dachte, sie hätte die Liebe gefunden, wollte frei sein, um dann zu erkennen, dass sie einer Illusion erlegen ist und nicht ohne ihre Kinder leben kann. Ihr den Umgang mit ihren Kindern zu verbieten, fand ich unmenschlich. Was mich zudem entsetzt und wütend gemacht hat, war, dass vor allem die Frauen, sich das Maul über sie zerrissen und sie ausgegrenzt haben. Izzy weiß nicht so recht, wie sie sich gegenüber Colette verhalten soll. Trotz Bedenken und mit einem schlechten Gewissen verhilft sie Colette zu einem heimlichen Treffen mit ihrem Sohn. Auch Izzy zahlt für ihre Hilfsbereitschaft einen hohen Preis. Dennoch ist sie für mich diejenige, die am Ende Hoffnung aufkommen lässt. Ich fand ihre persönliche Entwicklung und ihre Erkenntnisse sehr überzeugend. Neben Colette gehört mein Mitgefühl auch Dolores, obwohl ich sie nicht mochte. Sie bemüht sich, alle Erwartungen zu erfüllen und steht dann mit leeren Händen da. Die Sprache im Buch ist sachlich, ohne Pathos und lässt sich sehr gut lesen. Ich konnte mich trotz der unterschiedlichen Charaktere gut in die Frauen hineinversetzen. Für mich war es unfassbar, dass alle drei Frauen keine Möglichkeit hatten, ihre Lebenssituation durch eine Scheidung zu verändern und neu zu beginnen.

wilde hummel 1 am 29.01.2025 13:01 Uhr

Eine irische Ordnung

Das Buch hat ein äußerst gelungenes Cover - ein Riss in einer Tapete wie ein schmaler Blick hinter die Kulissen und erst wenn alles aufgedeckt ist, wird die gesamte Landschaft sichtbar. Alan Murrin hat seinen Roman im ländlichen Irland der 90iger Jahre verortet. Hier, in einem kleinen Küstenort im County Donegal, kennt jeder jeden und lebt in einer tradierten Ordnung, die geprägt ist von Moral, Glauben und patriarchischen Strukturen. Mit viel Feingefühl beschreibt Alan Murrin die Personen und deren Alltag. Vor allem die drei Frauen Colette, Izzy und Dolores stehen im Fokus. Colette ist Künstlerin (Dichterin) hat ihren Ehemann und danach auch ihren neuen Freund verlassen und kehrt in ihr altes Dorf zurück. Soviel Ausbruch und Selbstbestimmung findet wenig Akzeptanz. Dolores ist eine 'brave' Ehefrau, die ihr 4. Kind erwartet, von ihrem Ehemann regelmäßig betrogen wird und sich scheinbar fügt. Izzy wiederum ist die Gattin eines Politikers, dem es vor allem um den äußeren Schein geht und der sich zugleich für die Etablierung eines Rechts auf Scheidung engagiert. Nachdem Colette seitens ihres Ehemannes der Kontakt zu ihren Kindern verboten wird, besäuft sie sich immer regelmäßiger und lässt sich auf eine Affäre mit ihrem Nachbarn (Ehemann von Dolores) ein. Drei Frauenleben in unterschiedlichen Lebenslagen und doch eint sie der Wunsch nach mehr Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Zwischen Anpassung, Unterordnung und individueller Positionierung bewegen sich die Frauen in einer männlich dominierten Kleinstadtwelt. Alan Murrin gibt allen seiner Figuren eine feinsinnig beschriebene Präsenz, komponiert die Zusammenhänge und die Entwicklung der Geschichte unprätentiös und ungemein spannend, so dass ich als Leserin das Buch nicht aus der Hand legen wollte. Der Roman erscheint leicht und ist dabei doch aus frauenrechtlicher Sicht sehr gewichtig. Und Irland hat nur mit knapper Mehrheit das Scheidungsrecht verabschiedet, was Trennungen nicht schmerzfreier macht, aber eine rechtliche Absicherung für die Beteiligten beinhaltet.

zauberberggast am 30.01.2025 14:01 Uhr

Großartige irische Literatur

Irische Roman-Literatur: Das sind große Gefühle in Prosaform und die Lektüre dieser Werke fühlt sich oft an, als würde man von einer schroffen, steilen Klippe aufs weite Meer hinaus blicken. Das Meer spielt als Setting auch eine große Rolle in “Coast Road”, dem Debütroman von Alan Murrin, ein irischer Autor, der in Berlin lebt. Letztes Jahr habe ich das Buch schon oft bei englischsprachigen Buchbloggenden gesehen, die völlig begeistert von dem Roman waren. Dennoch bin ich froh, dass ich auf die dtv-Ausgabe gewartet habe, die unter dem Schutzumschlag sehr schön mit einer in Öl gemalten Landschaftsszene gestaltet undvon Anna-Nina Kroll hervorragend ins Deutsche übersetzt wurde.Die Handlung von “Coast Road” spielt 1994/1995 im irischen Künstenstädtchen Ardglas im County Donegal. Murrin entführt uns in eine Zeit, in der Irland gesellschaftspolitisch gefühlt noch “hinter dem Mond” lebte. In der man Kondome im englisch regierten Norden kaufen und Abtreibungen im benachbarten Königreich vornehmen lassen musste. Und in einer Zeit, in der man sich nicht scheiden lassen konnte und in der Frauen meist völlig von ihrem Ehemann abhängig waren. Das Referendum zur Abschaffung des Verbots von Ehescheidungen, das nach Ende der erzählten Zeit im Jahr 1996 in Kraft trat, spielt eine entscheidende Rolle im Roman. Eine der Hauptfiguren, James Keaveney, setzt sich als Parlamentsabgeordneter aus Donegal für die Abschaffung des Paragrafen ein. Alan Murrins Roman mutet im einen Moment wie ein historischer an und im nächsten sind es doch wieder die allgemeingültigen Themen des Lebens, die hier verhandelt werden und die uns alle zu jeder Zeit betreffen: Liebe und Hass, Leben und Tod. Anhand von drei Paaren werden wir uns im Laufe des Roman überdies drei Fragen gestellt haben: Bei Izzy und James: Wird sie gehen? Bei Donal und Dolores - was bringt das Ehe-Fass zum Überlaufen? Und schließlich bei Colette und Shaun: Kommen sie wieder zusammen?Am interessantesten von den Charakteren fand ich, neben Colette, die man aufgrund ihrer Differenziertheit einfach spannend finden muss, tatsächlich den Priester, Brian. Er schaut quasi von außen auf die Ehen der Paare und bildet sich seine Meinung. Ganz stark ist die Szene im Beichtstuhl, in der er einer der für die Handlung relevanten Personen die Beichte abnimmt. Seine ganze Persönlichkeit zeigt, dass (katholische) Geistliche auch nur Menschen mit Bedürfnissen und Gefühlen sind. Ich hätte gerne mehr Szenen mit ihm gehabt und seine Rolle noch ein wenig mehr ausgebaut gesehen. Indirekt leidet auch er unter den selbsternannten Alpha-Männern aus Ardglas, die letztlich sogar sein Schicksal bestimmen.Ich habe in einem Interview mit Alan Murrin gelesen, dass er als Schreibtipp gegeben hat: “Don't deal too much in introspection. Dramatise everything.” Scheinbar hat er sich an seinen eigenen Tipp gehalten, denn dieser wunderbare Roman kommt 100% ohne Längen aus. Die Handlung hält sich nicht mit Unnötigem auf und schreitet einem tragischen Höhepunkt entgegen, in dem alle Hauptfiguren mehr oder weniger involviert sind.Ein ganz großartig erzählter, feministischer Roman, der von einem Mann geschrieben wurde. Unbedingt lesen!

toniba am 02.02.2025 22:02 Uhr

Berührend und zutiefst beeindruckend!

Mit seinem Roman „Coast Road“ schreibt sich der unglaublich begabte Alan Murrin direkt in die Herzen seiner Leserinnen und Leser. Mich hat dieser Roman wie kein anderer seit langer Zeit wirklich nachhaltig berührt und beeindruckt, zugleich auch schockiert, welche gesellschaftlichen Werte und Prinzipien noch vor weniger als 30 Jahren gültig waren. Murrin erzählt die Geschichte der mutigen und taffen Colette, die, nachdem sie ihrem Ehemann und der Familie den Rücken kehrte und nach Dublin zog, nun wieder in ihren Heimatort zurückkommt und sich dort vielen Widrigkeiten, Klatsch und Tratsch und Anschuldigungen stellen muss. Dabei macht sie Bekanntschaft mit Izzy, die auf den ersten Blick Colette überhaupt nicht ähnelt, doch relativ schnell entwickelt sich zwischen den beiden Frauen eine Freundschaft. Mich hat der Roman mit einer Wucht umgehauen, die seinesgleichen sucht - ich wollte garnicht mehr aufhören, zu lesen und war wirklich traurig, als das Buch zu Ende war. Herzensempfehlung!

trollmaus am 31.01.2025 08:01 Uhr

Zwei Lebenswege

Es ist das Jahr 1994. Kaum vorstellbar, dass Scheidungen zu diesem Zeitpunkt in Irland noch verboten sind. Aber in dem kleinen Dorf Ardglas gehen die Uhren eh langsamer. Hier bestimmen Kinder, Küche und Kirche das Leben. Insbesondere der Frauen.Colette Crowley aber ist anders. Sie hatte Mann und Kinder verlassen, lebte in Dublin ein anderes Leben.Als sie im Herbst 1994 in ihre Heimat zurückkehrt, ist sie schnell im Mittelpunkt von Neugier und Missgunst.Auch Izzy ist skeptisch. Sie, die ein nicht glückliches, aber konventionelles Leben führt.Die Lebenswege der beiden Frauen kreuzen sich, sie eint die Sorge um ihre Kinder.Für Colette wird es immer schwieriger, ihr selbstbestimmtes Leben im kleinen Cottage an der Coast Road zu führen. Gerüchte machen die Runde und sie gerät immer tiefer in einen schicksalhaften Strudel.Die Geschichte von Alan Murrin hat mir sehr gut gefallen. Fein und vorsichtig modelliert er die Figuren. Fast ängstlich begleitet man die beiden Frauen. Man erahnt das Unglück am Horizont, hofft und bangt aber mit den Frauen. Ein Buch der leisen, aber eindringlichen Töne.

Veranstaltungen & Medientermine

Buchpremiere

Alan Murrin präsentiert ›Coast Road‹

Moderation : Thomas Böhm
Deutsche Stimme : Inga Busch
24.02.2025
20:00 Uhr (CEST)
English Theatre Berlin
Fidicinstraße 40
10965 Berlin