»Intensiv und mitreißend.« Mirjam Marits, Die Presse
Verbrenn all meine Briefe

Drei Menschen. Zwei Generationen. Ein Geheimnis.

Woher kommt diese tiefe Wut, die Alex in sich trägt? Auf der Suche nach Antworten stößt er auf die Geschichte seiner Großmutter, die zeigt, wie sich Leidenschaft und Eifersucht über Jahrzehnte und Generationen hinweg in eine Familie graben können.

Sommer 1932: Die 24-jährige Karin verliebt sich in den jungen Schriftsteller Olof. Aber es gibt ein Problem: Karin ist mit Sven verheiratet, einem stürmischen, hochrangigen Schriftsteller mit einer grausamen Ader. Wird sie es wagen, ihren Mann verlassen und ein anderes Leben mit ihrer neu entdeckten Liebe beginnen? 68 Jahre später fragt sich Karins Enkel Alex, Autor und dreifacher Vater, warum er eine solche Wut in sich trägt; eine Wut, die seinen Kindern Angst macht und eine Kluft zwischen ihm und seiner Frau schafft. Er stößt auf die Geschichte zweier unglücklich Liebender, deren Wogen bis zu ihm reichen. 

»Sein Buch ist kein Krimi und könnte doch aufregender nicht sein.« Christine Westermann, Stern

»Ein wahnsinnig klug gebauter, faszinierender, erschütternder Roman.« Frank Dietschreit, rbb Kultur


Ebenfalls von Alex Schulman bei dtv erschienen sind:

›Die Überlebenden‹

›Endstation Malma‹

Bibliografische Daten
EUR 12,00 [DE] – EUR 12,40 [AT]
ISBN: 978-3-423-14883-2
Erscheinungsdatum: 12.10.2023
1. Auflage
304 Seiten
Format: 11,5 x 19,0 cm
Sprache: Deutsch, Übersetzung: Aus dem Schwedischen von Hanna Granz
Autor*innenporträt
Alex Schulman

Alex Schulman, geboren 1976, ist einer der populärsten schwedischen Schriftsteller. Sein Roman ›Die Überlebenden‹, 2021 bei dtv erschienen, wurde in 30 Sprachen übersetzt. Mit ›Verbrenn all meine Briefe‹, bei dtv 2022, gelang ihm in Schweden 2018 der Durchbruch als literarischer Autor.

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Übersetzer*innenporträt
Hanna Granz

Hanna Granz, geboren 1977, hat zuletzt u.a. Werke von Patrik Svensson, Tove Alsterdal und Sofie Sarenbrant ins Deutsche übertragen.

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September 19, 2022 14:49

Geerbte Wut?

Eine beindruckende Selbstfindung und Spurensuche in der Familienvita, die wie auch im ersten Erfolgsroman von Alex Schulman unglaubliche Begebenheiten zutage fördert, allem voran ein gewisses Tagebuch, mit dessen Hilfe der Protagonisten und Autor seine aufbrausende, ja wütende Art zu reflektieren versucht, bevor diese seine Familie und sein Leben zerstört, Menschen, die er eigentlich liebt. Ich bin sehr beeindruckt von diesem Mann, da es durchaus nicht einfach ist und ein sehr harter Weg, gerade und auch für Männer, durch Selbstreflexion durch unsere,ich sage mal unguten und zerstörerischen Verhaltensweisen zu gehen, um Besseres zu bewirken. Dies ist nicht selbstverständlich, jedoch ist dies kein rein psychologisches Buch, auch wenn dieses den Protagonisten durch einige Sitzungen führt, aufgrund derer die ganze tragische Wahrheit einer Familie herausgeschält wird. Nein, ohne etwas vorwegzunehmen ist die ganze Lebens- und Liebesgeschichte um einen zerstörerischen Großvater unglaublich spannend und bewegend und der Schlüssel für ihn dazu, es besser zu machen und Liebe, Vertrauen und Ruhe in sich selbst zu finden und damit seiner Familie ein guter Vater zu sein. Tolles Buch,richtig richtig toll, schönes Cover und guter Titel. Ein Muss!!!!

October 7, 2022 07:34

Lesehighlight 2022

Schon "Die Überlebenden" von Alex Schulman war für mich ein 5-Sterne-Buch und meine Erwartung an "Verbrenn all meine Briefe" war hoch - und wurde übertroffen. Dieses Buch ist noch großartiger und ich müsste 6 Sterne vergeben. Dieses Buch hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Ich konnte es nicht aus der Hand legen und bin in die Geschichte um Karin, Sven, Olaf & Alex eingetaucht, habe mitgefühlt und konnte am Ende die Tränen nicht zurückhalten. Es ist trotz der überfüllten Liebe & der Familientragödie ein wunderschönes Buch: emotional, menschlich & intensiv. Alex Schulman findet die richtigen Worte (vielleicht, weil es um seine Familiengeschichte geht) und drückt mit wenigen Worten so viel aus: "Sie schaut zu Olof. Da steht er mit seinem schönen Blick und sieht sie mit sanftem Lächeln an. Sie bemerkt, dass er weint. Lautlos und still. Und erst da, als ihr klar wird, dass er für sie weint, kann sie endlich Selbstmitleid empfinden." (Seite 199) Ein sehr berührendes Buch, dass nachwirkt. Unbedingt lesen.

October 5, 2022 17:22

Berührende Liebesgeschichte

Alex Schuman beschreibt in seinem Roman „Verbrenn all meine Briefe“ die problematische Beziehung. seiner Großeltern. Der Roman ist eine Mischung von Realität und Fiktion. Die auftretenden Figuren haben eine realen Hintergrund, ebenso die Konfliktlinien. Der genaue Hergang der Handlung allerdings ist von Schuman konstruiert. Der Roman spielt auf drei zeitlichen Ebenen. In der Jetztzeit ist der Ich-Erzähler, unschwer als Alex Schuman zu erkennen, auf der Suche nach der Ursache für die in ihm steckende Wut, vor der sich seine Familie fürchtet. Er beginnt zu recherchieren und stößt dabei auf seinen Großvater, einem Tyrannen wie er im Buche steht. Auf der zweiten Ebene erinnert sich der Ich-Erzähler an seine Begegnungen mit seinen Großeltern, als er acht Jahre alt war. Auf der dritten Ebene werden die Ereignisse um das Jahr 1932, als sich die gerade erst verlobte Karin, die Großmutter des Ich-Erzählers, unsterblich in einen Schriftsteller verliebt. Es ist ungemein spannend zu lesen, wie sich die nur kurz dauernde, aber ungemein intensive Liebesbeziehung auf die Beziehung der Großeltern auswirkt, mit welchen unglaublichen Mitteln es der Großvater schafft, seine Frau an sich zu binden und sie letztlich psychisch zu zerstören. Die Leserin/der Leser steht ebenso wie der Ich-Erzähler auf der Seite der Großmutter und leidet mit ihr mit. Schuman gelingt dies durch präzise Beobachtungen und eine klare, unprätentiöse Sprache, die der Leserschaft genügend Raum lässt, sich eigene Vorstellungen zu bilden. Unbedingte Leseempfehlung!

October 7, 2022 21:19

Familienrecherche aufgrund geerbter Wut

Alex Schulmann kann es. Er kann typisch skandinavisch und wie schon in „Die Überlebenden“ in klaren, schnörkellosen Worten eine beklemmende Erzählung zeichnen. Ich konnte nicht aufhören zu lesen - schnell verflogen die 300 Seiten - trotz der Erwartung Schlimmerens, die zunehmend erfüllt wurde. Zum Teil traf mich schwelender Schmerz beim Lesen, bittere Resonanz in meinem Empathiezentrum und Betroffenheit beim Zusehen vor meinem geistigen Auge. Auf der Basis existierender Personen und Begebenheiten, anhand von Briefen und Tagebüchern recherchiert, spinnt der Roman eine realbasierte Fiktion. Auf drei Zeitebenen, 1932, 1988 und in der Gegenwart baut die Geschichte Erklärungen für das ungewöhnliche Emotionsleben des Protagonisten Alex, denn er ist unberechenbar, jähzornig und angsteinflößend. Ausgehend vom Satz seiner Frau: „Ich weiß nicht, wie oft ich das noch ertragen kann.“ macht er sich auf die Spurensuche in der Vergangenheit und wird bei seinem Großvater fündig. Aus einer tiefgehenden Affäre der Oma, auf die der Großvater mit destruktiver Eifersucht reagiert, spinnt sich ein Meer negativer Emotionen. „Desillusion, Narzissmus und Einsamkeit. Ein schwerkranker Mensch mit Wahnvorstellungen, die ihn für alle, die ihm nahekamen, gefährlich machten.“, so resümiert Alex. Der „episch folgerichtige Hass“ des Opas zieht sich durch die Zeitebenen, denn der Großvater „verankert nicht in seiner Wut, sondern treibt hilflos mit ihr durch die Jahrzehnte“ und vergiftet damit nachfolgende Generationen. Ich gebe eine klare Leseempfehlung für dieses schwedische Highlight.

September 26, 2022 08:00

Persönlich, poetisch und so tragisch

„Die Geschichte ist ein Riese, der sich in Bewegung setzt, eine Dreiecksgeschichte, die heranrollt, auf dem Weg in die unausweichliche und endgültige Katastrophe.“ Obwohl man schnell weiß, wie es endet, fesselt die Geschichte von Alex Schulman von Anfang bis Ende. Kaum zu glauben, dass die Basis der Geschichte echt ist: Seine Großmutter Karin verliebt sich im Sommer 1932 in Olof, der allerdings nicht sein Großvater ist, der berühmte Schriftsteller Sven Stolpe. Diese Liebe, die sie in ihrer Ehe nie finden wird, ist zum Scheitern verurteilt - Scheidung kommt für den cholerischen Sven nicht in Frage. Die möglichen Konsequenzen schweben immer über Karin und sie findet keinen Weg aus dieser unglücklichen Verbindung hinein in eine Zukunft mit Olof. Was bleibt sind die Erinnerungen an diesen ereignisreichen Sommer, und die Briefe, die Gott sei Dank nie verbrannt wurden. Das Trauma, das alle Parteien durch dieses verhängnisvolle “Liebes”-Dreieck erleben, soll sich noch durch den gesamten Stammbaum ziehen. Während seiner Recherche, kommen szenenartig Erinnerungen, die Alex Schulman mit steigendem Wissen immer besser einordnen kann. Wir sind in seiner Gegenwart, der Vergangenheit der Großeltern, und in Schulmans Kindheit,und Stück für Stück erkennt man, woher all die Wut in seiner Familie rührt. Olof Lagercrantz Tagebuch bietet die Umrisse für die Erzählungen der Geschehnisse 1932, Schulman malt sie aus und es fühlt sich so echt an. Man darf nicht vergessen, was für einen Mut es erfordert, so über die eigene Familie zu schreiben, gerade der Großvater kommt nicht gut dabei weg. Der Autor bleibt dabei reflektiert, selbstkritisch und beruft sich letztlich auch auf die Gattung des Romans, nichtsdestotrotz: Karin und Olofs Liebe hat es nach all den Jahren im Schatten verdient, ans Licht zu kommen. Und ganz persönlich bin ich der Meinung, dass auch Sven Stolpe verdient hat, zumindest postum ein wenig für seine privaten Taten zur Verantwortung gezogen zu werden. Vielleicht hätte es ihm als Schriftsteller sogar gefallen, in einem gelungenen Roman belangt zu werden. Obwohl man es besser weiß, hofft man doch auf ein Happy End, aber vielleicht gibt es das zumindest für die nachkommenden Generationen. Ein Roman, der einen fassungslos, gerührt und nachdenklich zurücklässt, eine große Leseempfehlung!

October 2, 2022 19:13

Lese Highlight

Alex ist verheiratet, Familienvater und getrieben von einer unergründlichen Wut. Er sieht die Angst in den Augen seiner Kinder, wenn er wieder einmal anders als erhofft reagiert, sieht seine Ehe zerbrechen. Er begibt sich in Therapie um den Gründen seines Handelns näher zu kommen und sie aufzuarbeiten. Nach einer Familienaufstellung erkennt er seinen Wegweiser und begibt sich auf eine intensive Recherche in die Vergangenheit. Mein Eindruck: Das Buch fesselt vom ersten, bis zum letzten Satz. Es vereint Tiefe, Verzweiflung, Tragik, Betroffenheit und gleichzeitig auch eine tiefgehende emotionale Sensibilität. Die Erzählweise als auch die Handlung und die Beschreibung der Charaktere geben diese Bandbreite an Eindrücken und Emotionen gekonnt wieder. Der Autor vereint in seinem Buch drei Erzählstränge: Die Perspektive von Alex, die Geschichte der Großeltern und die Geschichte der Eltern, was den Spannungsbogen dadurch konstant hoch hält. Der Fokus dabei liegt auf der Liebesgeschichte von Karin und Olof. Verbrenn all meine Briefe - ist/war für mich eines der Lese Highlights 2022. Es war mein erstes Buch des Autors Alex Schulman, aber definitiv nicht das letzte Buch, welches ich von ihm lesen werde. Von mir eine klare Leseempfehlung und der Marker "Highlight 2022".

October 27, 2022 22:11

Auf den Spuren des Familiengeheimnisses – Fiktion oder Wahrheit?

Nach einem erneuten Wutausbruch und dem Streit mit seiner Frau versucht Alex nach den Ursprüngen seines unkontrollierbaren Verhaltens zu suchen. Dem Rat seiner Psychologin folgend recherchiert er in der Geschichte seiner Familie und stößt auf eine unglückliche Liebesgeschichte, die bisher für alle Familienmitglieder Tabu war. Im Jahre 1932 verliebte sich Alex Großmutter Karin in einen jungen Schriftsteller Olaf und war bereit für ihn sogar die Ehe mit dem berühmten Schriftsteller Sven Stolpe zu beenden. Um die Sache genau zu ergründen stöbert Alex im Nachlass seines Großvaters, findet Briefe und Tagebücher von damals, erinnert sich an seine Besuche bei den Großeltern im Jahr 1988. „Verbrenn all meine Briefe“ ist ein beeindruckender Roman, in dem Alex Schulman über die intimsten Geheimnisse seiner Familie spricht. Er verrät mehrere Details aus dem Leben der Familie seines Großvaters Sven Stolpe; die Romanfiguren sind authentisch, er nennt sie sogar mit ihren richtigen Namen. Einfühlsam beschreibt er die dramatische Liebesgeschichte seiner Großmutter, nennt Orten und Zeit des Geschehens, schildert die darauffolgenden Veränderungen im Leben des Ehepaars Stolpe. In einer ruhigen, leicht lesbaren Sprache skizziert der Autor das Porträt seines Großvaters: eines verbitterten, bösartigen Mannes, der seine Familie jahrelang tyrannisiert hat. Der Titel des Romans „Verbrenn all meine Briefe“ klingt dramatisch und verkündet unwillkürlich eine Tragödie. Dementsprechend ist die von Alex recherchierte Geschichte extrem spannend; sie nimmt einen unvorstellbaren -Verlauf. In der Danksagung spricht Alex Schulman über seine Arbeit an dem Buch und betont ausdrücklich, dass obwohl die Geschichte auf wahren Begebenheiten berührt, es ist ein Roman. Ich habe das feinsinnig geschriebene Buch mit großem Interesse gelesen und würde es wärmstens empfehlen.

October 7, 2022 14:07

Für Karin

Endlich! Da ist sie wieder: die Literatur. Keine Autofiktion von jemandem, der denkt: Das ist ja MEIN Leben, natürlich kann ich das aufschreiben. Literatur wird das dann schon von selbst. Denkste. Literatur wird ein solcher Stoff, wenn der Autor alle Figuren, Handlungen und Zusammenhänge von der Metaebene aus betrachtet und in den Erzählfluss einwebt. Das kann Alex Schulman perfekt. In „Verbrenn all meine Briefe“ deckt er Schicht für Schicht, verwöhnt von einer umfangreichen Quellenlage, die Tragödie seiner eigenen Großmutter auf. Warum die Kritik vereinzelt zu dem Ergebnis kommt: „Sein Buch ist kein Krimi und könnte doch aufregender nicht sein.“ erschließt sich mir nicht. Dieses Buch ist Vieles und natürlich auch ein Krimi. Anfang der 30er Jahre begegnen wir dieser Großmutter Karin als junge Frau. Als lebenslustige, kluge und berufstätige Ehefrau, verheiratet mit Sven Stolpe, für den kleinen Alex: Großvater. Der war zu diesem Zeitpunkt schon ein bekannter Schriftsteller in Schweden. Heute ist sein Wikipedia-Eintrag eher schmal. Doch was an der Oberfläche so traut und liebevoll scheint, ist die blanke Ehehölle. Sven, der sein Leben lang ein kompliziertes Verhältnis zum Christentum hatte, ist hinter den Türen ein zynischer Despot, ein grausamer Narzisst, ein riesiges selbstverliebtes theatralisches Mistvieh. Ein weißglühender Wütiger, ein Hater (wie man heute sagen würde), ein Histrioniker, der auch selbst ins Risiko geht, wenn er seiner Ehefrau damit Schmerzen bereiten kann. Karin kann ihm bis ins hohe Alter nicht entfliehen, sie bleibt bei ihm, er „liebt“ sie förmlich zu Tode. Und dies mit einer stets überschäumenden Wut, die ständige Kränkung des Narzissten wie im Bauchladen vor sich hertragend. Aber auch mit kalter Berechnung: seit jungen Jahren leidet er unter Tuberkulose, und mit großem Verve gibt er den Todgeweihten. Karin hat ihm vor der Heirat gebeichtet, dass sie bereits einen Schwangerschaftsabbruch hinter sich hat, der Selbstgerechte jubiliert. Als sie den Schriftsteller Olof Lagercrantz kennenlernt und eine Affäre mit ihm beginnt, spitzen sich die Dinge zu. Das ist alles nichts für schwache Gemüter und aus der heutigen Perspektive schwierig nachzuvollziehen. Aber auch ich kenne in meiner Familie so einen großen und brutalen Despoten, Jahrgang 1934. Bis vor zwei Jahren hat er sein Unwesen unter uns getrieben. Schulman wird in seinen Schilderungen zum einen der Liebe zwischen Karin und Olof nie kitschig. Dabei helfen ihm die erhalten gebliebenen Briefe der Beiden. Auch in der Betrachtung seiner gegenwärtigen Situation und des eigenen Wütens hält er immer gesunden Abstand zur Rührseligkeit. Ich wünsche mir eine Fortsetzung, die den Großvater und sein Wesen genauer betrachtet und untersucht, denn: Diese Figur hat uns viel mehr zu sagen als im vorliegenden Band.

September 21, 2022 07:00

Ein wahres Herzensbuch

Manchmal reichen ein paar Worte aus, um ein Leben zu verändern. Sie wisse nicht, wie oft sie es noch ertragen könne; die Angst in den Augen ihrer Kinder, die Wut, die er in sich trägt, schwelend und bedrohlich. Alexander ist wie vor den Kopf gestoßen. Und doch muss er kennen: Seine Frau hat Recht. Immer öfter fallen ihm Situationen ein, in denen er das ängstliche, geradezu schreckhafte Verhalten seiner drei kleinen Kinder nicht deuten konnte, empfand es als eine Art Respekt. Aber niemals hätte er gedacht, dass sie Angst vor ihm haben könnten! Im Rahmen einer Gesprächstherapie wird ihm deutlich, dass diese Wut schon immer Teil seiner Familie war, dass alles von seinem Großvater Sven Stolpe ausgeht. Doch was löste in dem einstigen Schriftsteller diese tiefverankerte, Generationen fortwirkende Wut aus? Alexander begibt sich auf Spuren seines berühmten Großvaters – und stößt dabei auf die Geschichte einer unglücklichen Liebe, die nicht hatte sein sollen. „Wenn du mir jemals untreu bist, werde ich als Erstes ihn erschießen. Dann dich. Und zuletzt mich selbst.“ (S. 189) Behutsam tastet sich Alex Schulman in seinem Roman „Verbrenn all meine Briefe“ (OT: Bränn alla mina brev, aus dem Schwedischen von Hanna Granz) an den Ästen seines Familienstammbaums hinab zu den Wurzeln der Wut, die sich wie eine Krankheit über die Familie ausgebreitet, einst einander nahestehende Menschen voneinander getrennt hat. Anhand echter Briefe und Tagebucheinträge von seinen Großeltern und Olof Lagercrantz‘, dem Geliebten Karins, sowie verschiedenen Dokumenten aus dem Universitätsarchiv rekonstruiert Schulman das die Beziehung seiner Großeltern Karin und Sven Stolpe prägende Jahr 1932 und die Auswirkungen, die es für sie – und letztlich auch ihre Familie – haben wird. In chronologischen, immer bedrückender, schmerzlicher werdenden Ausschnitten lässt er seine jungen Großeltern lebendig werden, beschreibt, mit welchem Furor und brennender Überzeugung Sven an neuen Veröffentlichungen arbeitete, mit Karin umsprang und sie immer wieder bloßstellt und benutzt, lässt ihn jedoch nie selbst zu Wort kommen. Ganz anders: Karin. Die junge Frau, selbst arrivierte Literaturübersetzerin, die sich stets im Schatten Svens befindet, erfährt mit der zarten Liebe zu Olof eine neugewonnene Leichtigkeit, wächst mit jedem flüchtigen Blick des Studenten – doch die Angst, dass Sven ihre Affäre entdecken könnte, macht sie matt. Sie hat Angst vor ihm, seiner Wut und zu was er fähig ist. Schulman vermag es, mit wenigen Worten komplexe, ausdrucksstarke Charaktere zu zeichnen, die einen nicht mehr loslassen. Seite um Seite habe ich mit Karin, dieser starken, gebrochenen Frau, gefühlt, zuckte bei jedem Geräusch in banger Erwartung Svens zusammen, weinte mit ihr ob der Erfahrungen, die sie bereits in jungem Alter – und in der Ehe mit Sven tagtäglich – machen musste. Und hoffte bis zuletzt, dass sie sich von ihm befreien, ein glückliches Leben voller Liebe, ohne Angst, würde führen können. Geradezu ängstlich, worauf seine Recherchen hinauslaufen würden, streut Schulman immer wieder Erinnerungen an einen Urlaub bei seinen Großeltern im Jahr 1988, seine Wahrnehmung des allmächtigen Svens und seine zufällige Entdeckung, und sein gegenwärtiges Spurenlesen, Reflektieren und Zusammensetzen der Puzzleteile ein. Respektvoll, geradezu dankbar geht er dabei mit seinem Erbe, den Erinnerungen, die ihm ein Schlüssel zu ihm selbst sein sollen, um, und diese Dankbarkeit ist mit jedem Wort spürbar. Er hat seiner Großmutter Karin eine Stimme gegeben, der Frau, die sich immer im Hintergrund, hinter ihrem Ehemann, hielt, die immer still war, ausgehalten und ertragen hat und es nie schaffte, das Leben, das sie sich wünschte, zu führen. Nun, gut zwanzig Jahre nach ihrem Tod, tritt sie aus dem Schatten - und wie! Die tragische Liebesgeschichte Karin und Olofs hat mich mitten ins Herz getroffen, und da werde ich dieses Buch auch noch lange tragen.

November 7, 2022 16:45

"die Dunkelheit in mir"

"Ich will die Dunkelheit in mir verstehen, die dabei ist, mein Verhältnis zu meiner Familie zu zerstören." Die Kinder des Erzählers in Alex Schulmans autobiographischen Roman haben Angst vor ihm, vor seiner Wut, vor seiner Unberechenbarkeit. An seinen Großvater, den Schriftsteller Sven Stolpe erinnert, den er selbst fürchtete und verehrte, den er als "ein geheimnisvolles Kraftfeld, selbstleuchtend und unergründlich" beschreibt, beginnt er, die Geschichte seiner Familie zu ergründen, die gerade auf der Seite seiner Mutter eher einem Schlachtfeld mit sich ständig verschiebenden Kampflinien und Feindschaften gleicht. Bei seiner Spurensuche stößt Schulman auf eine Affäre, die seine Großmutter, Stolpes Frau Karin, mit dem Schriftsteller Olof Lagercrantz hatte. Für diesen Verrat, dieses Hintergehen, dass sie kurzzeitig Liebe ge- und empfunden hat, die er ihr selbst nicht geben konnte (wollte?), hat Stolpe sie anscheinend ihr ganzes Leben lang büßen lassen, und mit ihr alle folgenden Generationen. Den Gedanken, dass sich Emotionen und Konflikte durch die Generationen einer Familie hindurchziehen und immer weiter zerstörerisch auf die Beziehungen der Einzelnen wirken können, finde ich unglaublich spannend. Selbstverständlich sind es keine natürlichen Zusammenhänge, die da wirken, sondern es sind vorgelebte und weitergegebene Verhaltensmuster, die die Deutung alles Erlebten und die Reaktionen darauf steuern. Psychologisch faszinierende Charakterstudie zweier Autoren, sehr intensives und beeindruckendes Buch!

»Sein Buch ist kein Krimi und könnte doch aufregender nicht sein.« 
  Christine Westermann

»Es ist wunderschön, es ist todtraurig, aber vor allem fühlt es sich unglaublich wahrhaftig an.«  
Sveriges Radio Kulturnytt 
 
 »Eine unglaubliche Geschichte. Diese Leidenschaft! Ein großes Lesevergnügen.«  
Dagens Nyheter