Demon Copperhead
Roman
Barbara Kingsolvers grandiose Neuerzählung von David Copperfield im Herzen der Appalachen von heute. Ausgezeichnet mit dem Pulitzer-Preis und dem Women's Prize for Fiction.
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#1 New York Times Readers' Choice: 100 Best Books of the 21st Century
»Vielleicht der beste Roman des Jahres.« Washington Post
Ein Triumph und ein großes Lesevergnügen: Der Millionenbestseller aus den USA, über ein Leben gegen alle Widerstände.
Ein Trailer in den Wäldern Virginias, dem Land der Tabakfarmer und Schwarzbrenner, der Hillbilly-Cadillac-Stoßstangenaufkleber an rostigen Pickups. Hier kommt Demon Copperhead zur Welt – die Mutter ist noch ein Teenie und frisch auf Entzug, der Vater tot. Ein Junge mit kupferroten Haaren, großer Klappe und einem zähen Überlebenswillen, bei allem, was das Leben für ihn bereithält: Armut, Pflegefamilien, Drogensucht, erste Liebe und unermesslichen Verlust. Es ist seine Geschichte, erzählt in seinen Worten, unbekümmert, vorwitzig, von übersprudelnder Lebenskraft.
Ein mitreißender Roman über ein Leben auf Messers Schneide, in dem in jedem Moment Hoffnung aufscheint.
»Eine der großen virtuosen Sprachperfomances. Eine Meisterklasse.« Richard Powers
»Erzählkunst at its best.« Stephen King
»Selten habe ich so sehr mit einem Helden mitgefiebert, ihm die Daumen gedrückt, seinetwegen nachts wachgelegen.« Anika Decker
1. Auflage
Barbara Kingsolver, 1955 geboren, hat Romane, Gedichte, Essays und ein Memoir verfasst, die in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet wurden, u. a. mit dem Pen/Faulkner Award, dem Orange Prize for Fiction, dem Women's Prize for Fiction und dem Pulitzer-Preis. Sie wurde mit der National Medal of Humanities geehrt und ist Mitglied der American Academy of Arts and Letters. Aufgewachsen in Kentucky, lebt sie heute mit ihrer Familie auf einer Farm in Virginia.
Dirk van Gunsteren, ausgezeichnet mit dem Heinrich-Maria-Ledig-Rowohlt-Preis und dem Übersetzerpreis der Stadt München, übertrug u.a. Thomas Pynchon, John Dos Passos, George Saunders, Patricia Highsmith und Philip Roth ins Deutsche.
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ein Lesehighlight
Barbara Kingsolver hat, wie sie im Vorwort zu diesem Roman schreibt, 2018 ein Wochenende in Bleak House in England verbracht, dem Haus von Charles Dickens, in dem er David Copperfield geschrieben hat. Am selben Wochenende beginnt sie den vorliegenden Roman zu schreiben, mit Dickens, wie sie sagt, an ihrer Seite.Dickens wollte mit seinem Roman David Copperfield laut Kingsolver die institutionelle Armut und deren verheerende Auswirkung auf das Leben von Kindern in der damaligen Zeit anklagen. Dieses Anliegen Dickens überträgt Kingsolver auf faszinierende Weise in die heutige Zeit.Demon Copperhead wird als Kind eines Teenagers in den 1990iger Jahren in Virginia/USA geboren. Er wächst vaterlos bei seiner alkohol- und tablettenabhängigen Mutter in einer Trailersiedlung in den Appalachen auf. Der Leser begleitet Demon von seinem 10. Lebensjahr bis zu seiner Volljährigkeit. Die Mutter stirbt an einer Überdosis an Demons 11. Geburtstag. Die Kindheit des Jungen war und ist von nun an erst recht gekennzeichnet von Armut und Härte.Er wächst bei Pflegeeltern auf, die die Bezeichnung Familie nicht annähernd verdienen. Lieblosigkeit und Gewalt kennzeichnen sein Leben und schließlich immer wieder Drogen aller Art. Nur die einstigen Nachbarn, insbesondere Mr. und Mrs. Peggot und ihre zahlreichen Nachkommen und Verwandten bieten Demon ein Gefühl von Zuflucht und Heimat. Als Demon von einem Footballcoach aufgenommen wird, scheint sich das Blatt für ihn zum Positiven zu wenden. Doch durch eine Knieverletzung gerät Demon an schwer abhängig machende Opium enthaltende Medikamente, eine Abwärtsspirale beginnt.Diese Geschichte wird in der Ich-Form vom erwachsenen Demon erzählt. Die Art, wie er von seiner unvorstellbar harten Kindheit berichtet, ist faszinierend, denn sie schont den Leser nicht, ist schnoddrig und witzig, und macht die Lektüre dieses Elends sogar erträglich. Stets scheint dabei ein Funken Hoffnung durch. Diese Hoffnung nährt sich aus dem Überlebenswillen des Jungen. Er zieht Kraft aus seiner Bindung zur wiedergefundenen Großmutter und seinem Onkel väterlicherseits und aus der Verbundenheit zu den Bewohnern des Ortes, in dem er aufgewachsen ist und der Schönheit der Umgebung, den bewaldeten Gebirgszügen der Appalachen, den "blauen" Bergen.Dieser Roman ist faszinierend und schonungslos zugleich. Ich habe ihn gebannt und fassungslos gelesen, von Anfang an gefesselt von den unfassbaren Härten, die dieses Kind erleiden musste. Der Autorin gelingt es, den Leser Teil dieses verlorenen Waisen-Daseins und Junkee-Universums werden zu lassen. Man wertet bzw. verurteilt die Protagonisten nicht, man lebt geradezu mit und unter ihnen. Manche Szenen bekommt man nicht mehr aus dem Kopf, so drastisch schildert Demon sie. Und dennoch, stets vermittelt er den Eindruck eines Menschen, der seine Wurzeln und sein Leben in diesem abgehängten und durch die sogenannte Opiod-Krise schwer gebeutelten Teils der USA innig liebt. Trotz der Länge des Romans, mehr als 800 Seiten, bin ich in einen regelrechten Lesesog geraten. Die Lektüre von Demon Copperhead hat mich sehr beeindruckt und nicht mehr losgelassen, so sehr bin ich abgetaucht in diese mir glücklicherweise bisher aus eigener Erfahrung erspart gebliebene Welt. Das Aufwachsen dieses Protagonisten unter erschreckend widrigsten Umständen in der Opiod-Krise in den USA ist dermaßen realitätsnah geschildert, dass es mich umgehauen hat. Ganz im Sinne von Dickens kann man nichts anderes tun, als das System, das zu Armut, Ausbeutung und Verelendung ganzer Landstriche geführt hat, anzuklagen und zu verurteilen. Für mich ein Lesehighlight. Ich kann den Roman nur empfehlen und vergebe 5 Sterne.
Starker und ergreifender Roman
Das Cover von „Demon Copperhead“ hat mich gar nicht angesprochen. Es gibt überhaupt keine Bezugnahme auf den Inhalt des Buches und im Laden hätte ich vermutlich nicht danach gegriffen. Umso glücklicher bin ich, dass das Buch zu mir gekommen ist, denn eines kann ich sagen: Es ist ein sehr ergreifendes und überzeugendes Werk, das noch lange nachwirkt.Inspiriert von Charles Dickens‘ „David Copperfield“ hat die Autorin eine eindrückliche Gesellschaftskritik für die abgehängten und ungesehenen Kinder der US amerikanischen Appalachen geschrieben. Wir begleiten einen jungen Ich-Erzähler, der in ein Leben gepresst wurde, das es von Anfang an nicht wirklich gut mit ihm gemeint hat, von seiner Geburt bis ins junge Erwachsenenalter.Dabei schafft die Autorin ein Porträt der Landbevölkerung der Appalachen, der so genannten Hinterwäldler oder „Hillbillys“. Anhand des fiktiven Schicksals von Demon Copperhead erfahren wir viel über das Schicksal und die Lebensumstände einer früheren Bergbauregion und die Minderheit der Melungeon. Dabei werden eine Menge Themen angeschnitten, wie die Bedeutung von Football an amerikanischen Schulen, die Rekrutierung hoffnungsloser Menschen für die Militärmaschinerie, das marode Jugendschutz-System, dass die Schwächsten der Gesellschaft im Stich lässt, Armut und - im Zentrum des Romans - die gravierenden Auswirkungen der großen Opioidkrise seit dem Ende der 1990er Jahre.Es ist ein Buch, das keine Luftschlösser baut, sondern nah an einer möglichen Realität bleibt. Es ist authentisch, brutal ehrlich und hält einem die ernüchternde Realität stets vor Augen. Dabei zieht es einen schnell in seinen Bann und lässt einen nicht mehr los. Es tut weh, Demon auf seinem Lebensweg zu begleiten und ich habe mich als Leser dabei ertappt, dass ich die Position des Ich-Erzählers so stark eingenommen habe, dass ich selbst das Vertrauen in die handelnden Personen verloren und hinter jeder guten Wendung gleich die nächste Katastrophe erwartet habe. Sowohl Demon als auch die weiteren Charaktere in dem Buch sind sehr gut ausgearbeitet. Jede Figur hat ihre ganz individuellen Abgründe und Methoden damit umzugehen. Die Interaktion der Personen untereinander hat eine hohe Dynamik. Sie sind es, welche die Geschichte so vielseitig und so spannend machen, die den Leser aufrütteln und teils erschüttert, teils hoffnungsvoll zurück lassen.Also ja, es gibt sie, die leisen Hoffnungsschimmer, die „Guten“, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten tun, was möglich ist. Aber es ist vor allem der Protagonist, der einen staunen lässt. Er macht Unerhörtes durch und besitzt dennoch eine innere Stärke und eine Resilienz, die ihn durch die Geschichte tragen.Das Buch macht was mit einem, es berührt, es fesselt, es erschreckt. Mein erstes großes Highlight in diesem Jahr - absolute Leseempfehlung!
Mutter und Sohn im Kampf gegen die Verzweiflung
Cover:Der Titel benennt raumgreifend quasi überdimensioniert, den Namen der Verfasserin und den Namen ihrer Hauptfigur. Thema und Geschichte:Ein Baby erblickt das Licht. Es folgen rosarote Sequenzen im Wechsel mit der Suche nach der nächsten Mahlzeit. Das Ende passt irgendwie nicht zum Rest, wirkt wie ein Wunschtraum der Autorin. Barbara Kingslover versteht es, die dennoch reiche Gefühlswelt des Copperheads in Worte zu kleiden. Sind diese seine Rettung. Er ist auch sehr verwurzelt in Lee County, will nicht weg von "seinen Bergen". Immer wieder trifft er auf "zärtliche" und liebevolle Menschen. Es geht auch um seine Resilienz. Oft ernährt er sich von Essensresten der "verwöhnten" Girls in der Schule und seinen Pflegefamilien. Im Nachwort erfährt der Leser, dass autobiografische Elemente von Barbara Kingslover eingebaut sind.Schreibstil:In der Trailer-Siedlung wird ganz grob Klartext gesprochen. Damon übernimmt zunächst die Sprache der Nachbarn. Aber eigentlich drückt er sich durch sein Graffiti-Talent aus. Seite 11: "das alles war an einem Mittwoch". Als nichts mehr geht, begibt er sich auf einen Horror-Roadtrip zu seiner Granny, Seite 270, Kapitel 24. Der heilsame Schock verändert jetzt auch seine Sprache.die Figuren:Damon liebt seine Mutter/Mom sehr. Doch sie ist schwach.Die Peggot-Familie liebt das Baby ihrer Mieterin, doch deren Familie ist sowieso schon zu groß. Maggot ist sein bester Freund. Auch hier gab es eine schlimme Tragödie.Stoner, der zweite Mann seiner Mom, quält Damon . Das verletzt sie, zudem ist sie erneut schwanger.Die Umerziehung richtet schlimme Schäden an,das Mutter-Sohn-Tandem wird getrennt. authentisch:Bestimmt jeder hat von den Trailern in den USA gehört. Hier kommt ein explizites Beispiel einer zunächst sehr attraktiven und lebensfrohen Teenager Mom, die das Baby ihres Melungeon-Lovers alleine großziehen muss.Die Melungeons stammen in der Regel von Europäern, Afroamerikanern und nordamerikanischen Indianern ab.das Buch ist interessant:Tragik und Schwermut sind niederschmetternd.Die Liebe ist zwar auch Thema.Irgendwie klappt die familiäre Unterstützung überhaupt nicht mehr, als Damon zehn Jahre alt wird, Seite 239, "der Prinz des Trailer-Gesindels".Richtige Vorbilder fehlen, sterben früh oder interpretieren die Pädagogik völlig falsch.zur Autorin an sich:Schildert gesellschaftskritische Themen aus dem Hinterland der USA. Spezifische Problematiken. Hier muß unbedingt etwas passieren.andere Werke:-Coyote's wild Dreams (2020)-Unsheltered (2023)subjektive Meinung:Ziemlich heiter beginnt die Story. Hilfreiche Nachbarn lindern die Not. Der Drogenentzug der Mutter funktioniert zunächst. Ein neuer Verehrer macht ihr den Hof. Mommy jobbt bei Walmart, Stoner ist Lastwagenfahrer, verdient sehr gut und die gemeinsame Zukunft scheint sich auch finanziell zu verbessern. Dann bricht alles zusammen. Auch im Umfeld der kleinen Familie gibt es grausame Gewalt gegen Frauen, Seite 59.Empfehlung für andere Leser:Wer Gefühlsstudien liebt, wird gut unterhalten. Traurig, zu was Menschen, gerade in dieser abgelegenen Gegend fähig sind. Nichts für sehr sensible Gemüter.
Sehr emotional und lesenswert
"Demon Copperhead" von Barbara Kingsolver habe ich als Hörbuch gehört, gesprochen von Fabian Busch. Das Buch hat mich so mitgenommen, dass ich der Handlung gut folgen konnte und kein Wort verpassen wollte.Der Junge Demon Copperhead hat kein einfaches Leben, die Mutter ist noch ein Teenie und frisch auf Entzug, der Vater tot. Schon als Kind kümmert er sich mehr um seine Mutter, als sie um ihn. Trotzdem fühlt er sich geliebt und genießt seine Kindheit, bis seine Mutter mit einem neuen Kerl kommt und diesen auch noch heiratet. Dadurch verliert er sein Zuhause und jeder Tag wird ein Kampf für ihn. So beginnt sein Leben in der Obhut von Pflegefamilien und unter den Fittichen des Jugendamtes. So schön wie das hier klingt, so beschwerlich war es für den Jungen. Jeden Tag kämpft er um seine geistige und körperliche Gesundheit und bleibt trotzdem der liebeswerte Kerl, der er schon immer war. Es tut stellenweise sehr weh, das zu hören oder zu lesen.Es gibt so viel was der Junge durchleiden muss, so viele Themen, die hier angesprochen und aktuell aufgearbeitet werden. Für mich war es immer wieder mal unerträglich, wie viele Erwachsene es schafften, wegzusehen und keiner wirklich helfen konnte oder wollte.Demon ist so ganz durch alle Hilfssysteme gefallen, er ist eine tragische Figur, kommt aber nicht so rüber. Das Buch und vor allem der Protagonist verfügen trotzdem noch über eine gute Portion Humor, Lebensfreude und einen Lichblick in die Zukunft.
David Copperfield meets Hillbilly
Barbara Kingsolver hat die Novelle "David Copperfield" von Charles Dickens neu interpretiert und in die Wälder Virginias gepackt. Sie erzählt die berührende Geschichte von Damon immer mit einer Prise Humor, sodass es nicht zu erdrückend wirkt. Trotzdem ist es eine bedrückende und schockierende Erzählung und man fragt sich, wie ein Mensch so viel Leid ertragen kann und das auch noch als Kind.Es geht um Damon, der in einem Wohnwagen in einem abgelegenen Trailerpark zur Welt kommt und bereits einen denkbar schlechten Start ins Leben hat. Sein Vater starb vor seiner Geburt, seine Mutter ist ein Junkie. Schnell wird er nur noch Demon genannt. Das Unglück scheint sich durch sein Leben zu ziehen. In der Schule als Hinterwäldler abgestempelt und vom Jugendamt im Stich gelassen kämpft er sich durch und versucht seinen Weg zu finden währrend um ihn herum immer mehr Menschen mit Medikamenten wie Oxycontin, Benzo's oder Ähnlichem versuchen ihren Tag zu überstehen. Es ist ein fesselnder und mitteißender Roman. Ich fand den Schreibstil sehr angenehm, sodass die vielen Seiten nur so dahinflogen. Man kann immer wieder schmunzeln, oft verschlägt es einem aber auch den Atem bei der Vorstellung was Damon alles erlebt hat. "David Copperfield" ist nun auch auf meiner Wunschliste gelandet, da ich auf die ursprüngliche Geschichte gespannt bin und wie viele Parallelen es zu "Demon Copperhead" gibt. Dazu kann ich daher noch nichts sagen.
Glück und Leid reiten auf der selben Welle
Demon Copperhead kommt mit einer Glückshaube zur Welt - das Meer wird der einzige Ort sein, an dem ihm nichts geschehen kann. Doch dem Jungen, der zum Jugendlichen und zum Mann heranwächst, widerfährt so viel schreckliches, dass einem der Atem stockt und man den Kopf schüttelt ob der Grausamkeit. Demon kommt in einem Trailer in der sprichwörtlichen Pampa zur Welt - ein junge mit einer großen Klappe, einem zähen Überlebenswillen und kupferrotem Haar - der dem Leser ein Freund wird. Mir jedenfalls. Ich hatte beständig das Gefühl, Demon hat sich als Fremder zu mir an den Tisch des Dinners auf abgewetzte Lederbezüge geschoben und mir bei einem Kaffe - oder dreien - seine Lebensgeschichte erzählt - eine Geschichte über Armut und Pflegefamilie, unermesslichen Verlust und große Liebe, über die Freundschaft und die Kraft der Menschen, die nicht aufgeben. Wir haben uns als Freunde verabschiedet, Demon und ich. Die gesamte Geschichte wird aus Demons Perspektive erzählt - wen wunderts, schließlich erzählt er mir zwischen zwei Schlucken Kaffee seine Geschichte! Von seiner Geburt bis in seine Zwanziger - und ich hatte das Gefühl, dass er die sieben Höllenkreise alle durchquert hat. Und dafür musste er den Weg in die Hölle nicht einmal finden, er war schon Mitten drin. Und trotzdem hat das Buch seine Lichtmomente bewahrt. Momente, in denen Demon frei und glücklich sein konnte, auf seiner Reise von dem Trailer seiner Geburt, über Missbrauch und Pflegefamilien und Drogensucht. Es gab ein paar Dinge, die beständig waren - zum einen seine Comics, die er zeichnete. Zum anderen seine Liebe zum Meer, und zum letzten seine Liebe zu bestimmten Menschen - und diese Dinge machen ihn liebenswert - er nahm mich bei der Hand und führte mich durch den tiefsten Molloch seiner Seele. Barbara Kingsolver hat eine eindringliche Art zu schreiben. Sie zog mich mit ihren Worten in ihren Bann, gleichzeitig hatte ich aber das Gefühl, sie kämen von Demon - dem Demon, der er retrospektiv in seinen späteren Lebensjahren als 10-jähriger war, dem Demon, der Fehler als Heranwachsender beginn, der sich rettungslos verliebte und dem alles genommen wurde. Besonders zu Beginn fiel mir auf, dass die Geschichte durch eine Art Filter erzählt wurde - so wie ein Kind eine Kindheit in systemischer Armut wahrnehmen muss. Kingsolver spricht viele schwere Themen an, allen voran die institutionelle Armut - insbesondere die verheerenden Folgen für Kinder in den USA. Das Gesundheits- und Pflegesystem, die Spirale von Sucht und Entzug und vieles mehr - doch ich nahm alles durch Demons Augen wahr - und das machte es für mich nur noch wahrhaftiger und um Längen schrecklicher. Was zudem heraussticht sind die Figuren, die Demon auf seinem Weg begleiten - vom besten Freund in Kindertagen, über seine Schwester im Geiste, über denjenigen, der ihm zeigt, was er kann, aber auch über jene, die ihn ausnutzen und in den Abgrund führen. Das Buch hat mich berührt, es ist hart und wichtig - und ich sehe Demon noch lange nach, vor mir eine Tasse Kaffee, die kalt geworden ist.
Sehr berührend
Dieses Buch hat mich mitgenommen. Wortwörtlich. Ein unfassbar berührendes Buch, das mir teilweise Tränen in die Augen trieb. Das ist natürlich nicht nur der Geschichte, sondern auch diesem sehr gutem Schreibstil zu verdanken. Ich habe mitgelebt, mitgefühlt und konnte das Buch nicht mehr zur Seite legen. Die Charaktere sind sehr eindrucksvoll und sehr gut beschrieben. Der gesamte Roman schafft es zu fesseln. Ich hatte am Anfang gedacht: Oh je, ganz schön dick, das schaffst Du nie durchzulesen. Aber, ich habe es geschafft, und ich habe es mit sehr großem Vergnügen gelesen. Für mich persönlich ist es der beste Roman, den ich in den kompletten letzten zwölf Monaten gelesen habe. Allerdings sollte man nicht zu zart besaitet sein, dieser Junge hat ein hartes Leben und wenn wir ehrlich sind, kennen wir ähnliche Geschichten. Ein sehr menschlicher Roman, indem auch viel Liebe zu finden ist.
Starke Geschichte
Barbara Kingsolvers Roman "Demon Copperfield" hat mich nicht nur mit einer packenden Geschichte, voller Freude, Wut und Trauer, sondern auch mit Anregung zum Nachdenken, gepackt. Die Hauptfigur, Demon, ist lebendig und vielschichtig, und Kingsolver trifft den richtigen Ton, um sein Aufwachsen in Armut und die damit einhergehenden Herausforderungen authentisch darzustellen. In diesem Roman verwebt sich meisterhaft die Thematik der amerikanischen Opioidkrise, das Leben in sozialer Ungerechtigkeit und problematische wie auch wertvolle zwischenmenschliche Beziehungen zu einem beeindruckenden Gesamtkunstwerk. "Demon Copperfield" ist ein Roman, der nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt, wobei Kingsolvers Erzählkunst es zu einem Muss für alle macht, die eine fesselnde Reise durch die Welt der Literatur suchen. Ich konnte das Buch trotz seiner Länge kaum zur Seite legen!
Fenster und Spiegel zugleich
Barbara Kingsolver, 1955 geboren und in Kentucky aufgewachsen, ist eine anerkannte und mehrfach ausgezeichnete Autorin. Ihr neunter Roman „ Demon Copperhead“ wurde zu einem der „ 10 besten Bücher des Jahres 2022“ gekürt.Für den Protagonisten und Ich- Erzähler Demon sind die Chancen von Anfang an schlecht. Seine junge Mutter ist drogenabhängig und arm. Die beiden leben in einem Trailer am Rand einer ehemaligen Bergarbeitersiedlung. Der Vater starb auf mysteriöse Weise vor Demons Geburt. Noch übler wird die Situation, als Demons Mutter heiratet. Der Stiefvater tyrannisiert und misshandelt Mutter und Sohn. Und dann stirbt die Mutter an Demons elftem Geburtstag an einer Überdosis Oxycontin.Demon kommt in verschiedene Pflegefamilien, doch her erfährt er keine Liebe und Zuwendung. Von den einen wird er als billige Arbeitskraft ausgenutzt, die anderen sind nur am Pflegegeld interessiert.Doch endlich scheint sich das Blatt zu wenden. Die Großmutter väterlicherseits verschafft ihm Zugang an eine High School und einen Platz im Haus des Footballtrainers der Schule. Für kurze Zeit wird Demon ein gefeierter Footballstar, bis ein Sportunfall die Karriere vorzeitig beendet.Die Schmerzmittel, die er großzügig verordnet bekommt, führen in die Sucht und Abhängigkeit mit all ihren schrecklichen Folgen.Es ist eine Zeit voller Leid, Gewalt und Verlust, aus der sich Demon nur mit der Hilfe guter Freunde befreien kann. Das Ende lässt Hoffnung aufkommen. Diese Lebensgeschichte erzählt Demon im Rückblick. Sein schnoddriger, oftmals bissig- witziger Ton macht das Geschilderte einigermaßen erträglich. Denn es ist manchmal kaum zum Aushalten, was Demon und anderen Kindern angetan wird. Erschreckend zu sehen, wie Armut, Hunger, Gewalt und Verachtung das Leben so vieler bestimmt. Dazu kommt das institutionelle Versagen der zuständigen Behörden, die die ihnen anvertrauten Kinder nur verwalten. Sicher, es gibt den Zusammenhalt der Familien und auch immer wieder Erwachsene, die sich Demons annehmen. Demon selbst ist ein Kämpfer, der sich nicht unterkriegen lassen will. Aber auch er trifft falsche Entscheidungen, lässt sich mit Menschen ein, die ihm nicht guttun. Die Autorin zeigt dabei sehr anschaulich, welche Auswirkungen Drogen auf die Konsumenten, aber auch auf deren Umfeld haben. Was es heißt, wenn sich alles nur noch darum dreht, Geld für den nächsten Kick zu verschaffen.Barbara Kingsolver reagiert hier auf die Opioidepidemie in den USA . Durch das leichtfertige Verschreiben von Oxycontin und ähnlichen Schmerzmitteln stieg die Anzahl der Drogenabhängigen und Drogentoten enorm. Eine ganze Generation Kinder wächst ohne Eltern auf, weil diese entweder abhängig, im Knast oder tot sind. Die Pharmaindustrie macht ihre Gewinne auf Kosten der Ärmsten des Landes.Ihr anderes großes Thema sind die Abgehängten dieser Region, die sog. „ Hillbillys“, auf die das andere Amerika herabschaut. Sie erzählt die Geschichte dieser Gegend, benennt die Schuldigen, die das Land heruntergewirtschaftet und die Bewohner ohne Perspektiven zurückgelassen haben. Die Autorin hat sich für ihren Roman von Charles Dickens „ David Copperfield“ inspirieren lassen. Wie der englische Autor übt auch sie scharfe Kritik an den sozialen Missständen im Land und beleuchtet die verheerenden Auswirkungen von Armut und Perspektivlosigkeit auf das Leben von Kindern und Jugendlichen. Man muss aber den englischen Klassiker nicht kennen, denn dieser Roman hier steht für sich. Barbara Kingsolver wurde für „ Demon Copperhead“ 2023 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet, gemeinsam mit Hernan Diaz, der die Auszeichnung für seinen Roman „ Treue“ erhielt.Ich habe beide Bücher gelesen und auch wenn „ Treue“ mit seiner originellen Struktur und seinen unterschiedlichen Erzählformen literarisch ambitionierter sein mag, so halte ich „ Demon Copperhead“ für das wichtigere Buch. Wer Amerika, die Zerrissenheit des Landes und die Probleme seiner Bewohner besser verstehen möchte, der tut das nach der Lektüre des Romans.Dieses Buch soll, so der Wunsch der Autorin, „ Fenster sein und Spiegel“. Die einen sollen verstehen und die anderen sich gesehen fühlen. Es ist zu hoffen, dass dieses Buch und seine Botschaft von vielen gelesen und verstanden wird. Und dass sich niemand von seinem Umfang abschrecken lässt.
Was für ein Juwel!
David Copperfield als US-Teenager!Damon hat es nicht leicht in seinem bisher noch recht kurzen Leben in Appalachia. Seine Mutter, selbst noch ein Teenie, ist gerade frisch auf Entzug und sein unbekannter Vater tot. Allein die Zeit mit seinem Nachbarsfreund Maggot ist ein täglicher Lichtblick für den Jungen. Nach einigen tragischen Ereignissen muss Damon aka Demon aber sein zu Hause verlassen und sich auf eine Odyssee begeben, die ihn in eine Welt voller Armut, Pflegefamilien und schrecklichen Verlusten katapultiert. Seine witizige, unbekümmerte und hoffnungsvolle Art hilft ihm dabei, auch durch die schlimmsten Täler zu gehen.Ab der ersten Seite spürt man Damons schelmische und hoffnungsvolle Sicht aufs Leben. Der Schreibstil ist großartig und lässt einen direkt eintauchen in diese Welt. Ein wahres Epos, dass man kaum aus der Hand legen kann!