Behutsam und voller Empathie zeichnet Lukas Rietzschel ein eindrückliches Bild von Menschen, die durch große gesellschaftliche und politische Veränderungen geprägt sind -- und von Verletzungen, die sich durch Generationen hindurchziehen und scheinbar nie verheilen.
Jan und seine Eltern sprechen nicht viel über das Heute und erst recht nicht über das Gestern. Erst als Herr Kern auftaucht, kommt das fragile Gleichgewicht der Familie ins Wanken: Welche Beziehung führte Jans Mutter mit dem Vater von Herrn Kern? Und was haben die Kerns mit der Kunst von Georg Baselitz zu tun? Immer weiter arbeitet sich Jan durch das Schweigen mehrerer Generationen, taucht ein in die Geschichte der Baselitz-Brüder, die Geschichte seiner Eltern und begreift, dass die Gegenwart nicht nur aus der eigenen Vergangenheit besteht.
Behutsam und voller Empathie zeichnet Lukas Rietzschel ein eindrückliches Bild von Menschen, die durch große gesellschaftliche und politische Veränderungen geprägt sind -- und von Verletzungen, die sich durch Generationen hindurchziehen und scheinbar nie verheilen.
1. Auflage
Lukas Rietzschel, geboren 1994 in Räckelwitz in Ostsachsen, lebt in Görlitz. Sein Debütroman ›Mit der Faust in die Welt schlagen‹ erschien 2018 und war ein Bestseller, der auch seinen Weg ins Theater fand und verfilmt wurde, ebenso der zweite Roman ›Raumfahrer‹. Lukas Rietzschel wurde 2019 mit dem Gellert-Preis, 2022 mit dem Sächsischen Literaturpreis und 2023 mit dem Literaturpreis Text & Sprache ausgezeichnet.
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Mir hat es gut gefallen, die Stimmung zum Thema passt, es beschreibt eine gewisses hohles Gefühl, eine Verlorenheit, eine Suche, Verwirrtheit, der Titel Raumfahrer bringt es finde ich sehr auf den Punkt, wie oft beschrieben düster oder melancholisch kann ich so jetzt gar nicht sagen, ich fand das Thema und die Geschichte sehr interessant und aufschlussreich, den Mauerfall und diese unglaubliche Nachricht damals miterlebt in jungen Jahren, im Westen, aber was geschah im Osten später und viel später, früher gar nicht so auf dem Fokus, hat mich das sehr einfangen, es ist kein Buch für unbeschwerte Stunden, aber Thema, Schreibstil, die Geschichte sind für mich wirklich gut und hallen noch nach, Buchtitel finde ich sehr gelungen und das Cover gefällt, mir hat es wirklich gut gefallen, vielleicht nicht für jedem von Interesse, aber muss ja nicht ...
Lukas Rietzschel wird gerne als junge, wichtige Stimme des Ostens betitelt. Sein Roman "Mit der Faust in die Welt schlagen" bekam sehr viel Aufmerksamkeit da es sich mit dem heute nach wie vor sehr präsenten Thema des Rechtsrucks, gerade in den östlichen Bundesländern, beschäftigt. Mit seinem neuen Roman "Raumfahrer" greift Rietzschel wieder ein bekanntes Ostthema auf - die DDR, die Stasi und zwei Brüder, die durch den Bau der Mauer voneinander getrennt werden, die heutige Situation und vielleicht auch ein Stück weit Trostlosigkeit."Es war gar nicht lange her, dass Mutter, Vater und Jan auch im Block gewohnt hatten. Irgendwann hatte Jan bemerkt, dass die Wohnungen ringsum leer wurden und dass die Nachbarn nicht, wie oft behauptet wurde, wiederkamen. Bald waren sie die letzte Familie im Block und mussten umziehen, in eine andere Platte, zusammengekehrt mit den Übriggebliebenen [...] Für manche war das der dritte Umzug dieser Art."Der Leerstand im Osten greift um sich und macht selbst vor dem Krankenhaus in dem Jan arbeitet, nicht halt. Einer seiner letzten Patienten gibt ihm einen Schuhkarton, der einige Informationen über seine Familie und die Vergangenheit enthält. Jan sieht sich plötzlich mit den Fragen seiner Familiengeschichte konfrontiert. Und während sein Vater, mit dem er zusammenlebt, sich durch den Inhalt provoziert sieht, werden die Fragen nach den Beziehungen der Mutter und dem verschwundenen Gemälde von Georg Baselitz immer lauter. Was haben diese Familien miteinander zutun? Was verbindet sie und was für eine Rolle hat Jan in dem Ganzen?Für Menschen, die sich fragen, wie es wohl damals in der DDR und insbesondere mit der Überwachung war, ist dieser Roman wahrscheinlich etwas sehr Aufschlussreiches und sehr an der Realität Anknüpfendes. Wie bereits erwähnt, bedient sich Rietzschel hier an den 'klassischen' Osthemen. Während in der Neuzeit noch einige Baurelikte der Vergangenheit stehen, der Wandel der Zeit deutlich zu spüren ist, Menschen wegziehen, sich nirgends mehr so recht zugehörig fühlen und Einrichtungen schließen, greift er in einer zweiten Zeitebene die Geschichte zweier Brüder auf, die durch den Bau der Mauer getrennt wurden. Einer von Ihnen wurde in der DDR von der Stasi als möglicher 'DDR-Flüchtiger' eingestuft und beobachtet, Post wurde nicht weitergeleitet und auch sonstige Kontaktmöglichkeiten erschwert. Und während der eine von Ihnen ein bekannter Künstler wird, bleibt dem anderen nur... ja, was eigentlich?"Mutter, Vater. Für Jan waren sie Raumfahrer. Schwebten in einer Zwischenwelt, ihrem Ausgangspunkt entrissen. Während sie schwebten, hatte sich die Welt schon ein Dutzend Mal weitergedreht. Sie sahen dabei zu, streckten die Hände aus. Versuchten , vor- oder zurückzukommen. Hoch, runter. Aber wo sie sich befanden, gab es keine dieser Richtungen im Raum. Und Jan stand auf der Erde und richtete sein Fernglas auf sie."Dieses Bild, den Raumfahrer und den damit verbundenen Titel dieses Romans, mag ich total gerne und irgendwie lässt sich sehr viel reininterpretieren. Menschen, die losgelöst sind, nirgends ankommen, nicht vorwärtskommen, sich einfach der Zeit beugen, teilweise von außen gelenkt, so voller Wünsche und doch irgendwie auch unfähig etwas zu bewirken. Jan hätte nun die Möglichkeit zurückzusehen, seine Eltern 'neu' kennenzulernen. Und was ich nun einerseits total faszinierend und durch das Auftauchen der Stasi-Akte unglaublich spannend finde, wäre eigentlich die Auseinandersetzung mit der möglichen Vergangenheit und dem 'will man das eigentlich wissen, wer damals alles mit der Stasi zusammenhing, was sie beobachtet haben, worauf die Regierung alles Einfluss genommen hat' oder möchte man unvoreingenommen weiterleben. Viele, die die Regierung kritisierten, aufmüpfig wurden oder sich gegen den Kommunismus stellten, wurden von der Stasi beobachtet, Stasimitarbeiter wurden teilweise als 'Freunde', Arbeitskolleg:innen oder Schulkamerad:innen in das Leben der zu Beobachtenden eingeschleust oder verschwanden plötzlich wieder und teilweise gab es sogar härtere Einschnitte. Aber als Jan diese Akte von einem seiner letzten Patienten im Krankenhaus erhält, lässt ihn das erstaunlich kalt. Es heißt zwar, dass Jan sich für die Vergangenheit interessiert, aber eher er denkt da eher an seine Zeit mit Karolina. Anfangs hatte ich das Gefühl, er wüsste einfach nichts damit anzufangen, noch könnte er dem Kartoninhalt eine Bedeutung geben, aber selbst im weiteren Verlauf tut sich da kaum eine Regung. Und das kann ich dann auch selbst Wochen nach dem Lesen nicht nachvollziehen, aber gut, jeder Mensch tickt anders und vielleicht wollte Rietzschel mit diesem Handlungsstrang einfach nur eine nebenherlaufende Verbindung zur Gegenwart herstellen, aber das eigentliche DDR-Geschehen in den Vordergrund stellen. Aber selbst dann, hat sich das Lesen durch Jans Abschnitte für mich etwas in die Länge gezogen, ich hatte die ganze Zeit mit einem gewaltigen Rums gerechnet, aber irgendwie kam da fast gar nichts. Es blieb ruhig, sachlich und gegenwärtig ja, irgendwie dann auch etwas trostlos. Und wenn ich dieses Buch nun mit Rietzschels vorherigem Roman "Mit der Faust in die Welt schlagen" vergleiche, so gab es zwar ein komplett anderes Thema des Ostens, aber er konnte da einfach größere Welten aufbauen und der Frage nach rechter Gewalt auf die Spur kommen, eben etwas, womit auch jede:r heutzutage etwas anfangen kann, sich dazu Fragen stellt und vieles nicht verstehen kann. "Raumfahrer" setzt sich dabei eher mit gegebenen Fakten auseinander, die in der Form nur ein Teil seiner Leser:innen kennen wird oder aus Erzählungen gehört hat und dabei eigentlich recht wenig Raum für eigene, weitschweifende Gedanken lässt. Langer Rede, kurzer Sinn: Ich mochte es gerne, der Roman ist gut erzählt, aber er hat mich weder überrascht noch wirklich berühren können, er ist lesenswert, aber Rietzschels erstes Buch fand ich deutlich stärker.
„Raumfahrer“ ist der 2. Roman, den ich von dem Schriftsteller Lukas Rietzschel gelesen habe.Es ist ein Familienroman der Wendezeit, in Lausitz im Osten Deutschlands. Nach der Wende wird der Ort immer leerer.Es gibt zwei Zeitebenen. Jan ist der Protagonist nach der Gegenwart und die Brüder Kern in der Nachkriegszeit. Georg wurde als Georg Baselitz bekannt.Jan arbeitet in einem Krankenhaus in Kamenz als Hilfskraft. Dieses Krankenhaus wird langsam abgebaut. Jan lebt bei seinem Vater, die Mutter ist tot.Der Autor lässt diese verschiedenen Zeiten gut miteinander verwebt. Sein Stil gefällt mir und die Perspektivwechsel kann ich gut nachvollziehen. Seine fiktiven Personen sind allerdings etwas verhalten. Trotzdem mochte ich den Roman gerne lesen.Das Cover hat Lukas Rietzschel auch selbst gestaltet. Ist passend zum Buch gelungen.
Der Protagonist Jan lebt ein einfaches Leben im Osten Deutschlands, der ehemaligen DDR. Es fühlt sich ein bisschen nach Ruinen einer vergangenen Zeit an. Dann taucht ein Mann auf, der ihn mit der Vergangenheit seiner Mutter konfrontiert. Doch was hat Jans Leben mit dem des Künstlers Georg Baselitz zu tun? Und wie sind die Geschichten beider Familien miteinander verwoben?Raumfahrer ist mein erstes Buch von Rietzschel, aber sicherlich nicht das letzte. Ich mag seine Sprache und die Art, wie er seine Charaktere zeichnet. Die Geschichte ist sprunghaft und wechselt zwischen Perspektiven und Zeiten. Als Leser*in fühlt man die Verlorenheit des Protagonisten, der übrigen Personen und der Gegend. Man fühlt die Vergessenheit und wird gleichzeitig an die Geschichte Deutschlands erinnert. Ich kann das Buch nur empfehlen, allein wegen des Schreibstils ein Muss!
ich bin zunächst am Titel hängen geblieben: Was hat es mit dem Raumfahrer auf sich? Und habe es dann so im Roman für mich wiedergefunden: Jan ist unterwegs im Orbit seines Lebens. Im Krankenhaus, wo er arbeitet, aber auch in der Beziehungssetzung zu seiner Mutter. Zunächst kommt der Roman doch eher sehr gemächlich ins Fließen. Jan führt eher ein geruhsames Arbeitsleben. Doch dann tritt Herr Kern nicht nur als Patient im Krankenhaus sondern auch als eine geheimnisvolle Person in Erscheinung, die anscheinend mehr über die Vergangenheit von Jans Mutter weiß, als er selbst. Jan ist durcheinander. Soll er sich auf Spurensuche begeben? Welche Geheimnisse gibt es zu erkunden und zu finden, die im Dunkel der Geschichte verborgen sind und in der Weite von Raum und Zeit? Schon bald fällt der Name des Künstlers Georg Baselitz. Der Große Rahmen der Geschichte wird hiermit aufgespannt, in dem sich dann die kleine, aber spannende Familiengeschichte widerfindet, in zahlreichen Aus- und Rückblicken wird das Panorama des Lebens in der DDR-Zeit aufgespannt.Den Schreibstil des Romans würde ich als ruhig dahinfließend bezeichnen, der aber dicht dran ist am Leben und an der Geschichte und gibt tiefe persönliche Einblicke in persönliche Erfahrungen während der Zeit der DDR.
Jan lebt mit seinem Vater am Rande von Kamenz, einer Stadt in Ostdeutschland, die schon bessere Tage gesehen hat. Immer mehr Häuser und Geschäfte stehen leer, das Krankenhaus in dem Jan arbeitet, wird demnächst geschlossen. Einer der letzten Patienten dort, Herr Kern, scheint mehr über Jans Familie zu wissen als dieser selbst, sodass Jan selbst nun auch immer mehr unbequeme Fragen zu stellen beginnt.Mit Rietzschels Debütroman hatte ich so meine Schwierigkeiten, doch Raumfahrer hat mich sehr positiv überrascht. Um den Künstler George Baselitz und dessen Familie entspinnt der Autor eine fiktive Handlung, die den Leser schnell fesselt. Auf zwei Zeitachsen werden langsam Zusammenhänge sichtbar, die sich gut zu einem Ganzen zusammenführen lassen. Die Nachwendezeit, das Gefühl vieler nicht mehr so richtig dazuzugehören, die Spuren der gesellschaftlichen Umbrüche, all das nimmt großen Raum im Roman ein und wird so greifbar für alle Leser. Die Handlung kommt ohne große Gefühle, ohne große Dramatik aus, und sagt doch mit ganz leisen Tönen so viel aus. Raumfahrer ist kein ganz leichter Roman, aber einer der einiges zum Grübeln beim Leser hinterlässt.
Ich habe dieses Buch als befangener Westdeutscher gelesen und habe die Blicke des Autors (also Einblicke in die Vergangenheit wirkend auf die Zukunft) meist verstanden aber habe eine bisweilen andere Verständnisauffassung gehabt. Die Geschichte ist gut aufgebaut und von beeindruckender Stärke. An manchen Stellen aber sehr kompliziert, man kann dieses Buch nicht mal eben so lesen denn es erwartet volle Konzentration. Da die Erzahlstränge mal in der Vergangenheit dann wieder in der Zukunft sind. Es ist aber ein wirklich gutes Buch und eventuell auch ein sehr wichtiges für Menschen die aus den Gebieten der ehemaligen DDR beheimatet sind. Zum Cover möchte ich sagen das es mir nicht wirklich gefallen hat. Dafür ist es einfach in meinen Augen nicht ansprechend gewesen. Der Schutzumschlag und die Gestaltung des Buches sind in meinen Augen trefflich.Auf jedenfall zu empfehlen für Freunde aus der Ehemaligen DDR. Und die Geschichte ist wie eben schon am Anfang geschrieben stark!
„Nachkriegszeit und Wendezeit. Trümmer beseitigen, nicht nur die Brocken und Steine eingestürzter Häuser. Nicht nur die Fundamente suchen und ihnen nachweisen. Gebäude ließen sich abtragen und aufbauen, Erinnerungen nicht. Schmerzen nicht.“ (S. 270)Losgelöst vom Erdboden, in der vergangenen Zeit stehengeblieben – so würde Jan seine Eltern beschreiben. Der junge Mann arbeitet im Krankenhaus und wohnt zurückgezogen bei seinem Vater; über die Mutter reden sie nicht, genauso wenig wie über die DDR-Vergangenheit der Eltern. Als eines Tages Herr Kern, ein Patient im örtlichen Krankenhaus, Jan eine Kiste mit alten Dokumenten überreicht, gerät das zarte Gleichgewicht der Familie aus den Fugen, denn wie sich herausstellt, haben sie eine Verbindung zueinander, die Jahre zurückliegt und Jans Eltern ebenso wie Herrn Kern fürs Leben zeichnen sollte. Vertieft in die Geschichte seiner Eltern und der Gebrüder Baselitz kommt er einer dunklen Vergangenheit auf die Spur, die ihre Fühler bis in die Gegenwart ausstreckt. In seinem neuen Roman „Raumfahrer“ zeichnet Lukas Rietzschel umsichtig, aber unglaublich ausdrucksstark ein eindrucksvolles Bild der Auswirkungen der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen des geteilten Deutschlands, einer Zeit, als die Mauer Familien trennte, Generationen von Menschen auseinanderbrachte und ihnen Narben zufügte, psychisch wie physisch, die auch noch Jahre später fühlbar sind. Seine reduzierte Sprache verleiht der Geschichte eine sehr präzise, fesselnde Sogwirkung, der Wechsel der Zeitebenen, die ständige Reise zwischen Gegenwart und naher wie ferner Vergangenheit lässt innehalten, erfordert Momente des Sackenlassens, des Nachwirkens. Der Protagonist Jan erlebte eine traurige, graue Kindheit inmitten des Industriegebiets, umgeben von metallenen Gebäuden, Abgasen und abgelegener Stille. Seine Eltern schwebten stets in anderen Sphären, waren in der eigenen Vergangenheit verankert, haben komplett den Sinn zur Gegenwart verloren: Sie sind „Raumfahrer, schwebten in einer Zwischenwelt, ihrem Ausgangspunkt entrissen. Während die schwebten, hatte sich die Welt schon ein Dutzend Mal weitergedreht. Sie sahen dabei zu, streckten die Hände aus. Versuchten, vor- oder zurückzukommen. Hoch, runter. Aber wo sie sich befanden, gab es keine dieser Richtungen im Raum. Und Jan stand auf der Erde und richtete sein Fernglas aus sie.“ (S. 196) Entsprechend geistert Jan nun durch sein Leben, weiß nichts mit sich anzufangen und ist allgemein ein eher abwesender, unsicherer Mensch. Er agiert sehr passiv, es ist ihm egal, was ‚der alte Mann‘ von ihm möchte, am liebsten hat er seine Ruhe – die habe ich manchmal auch sehr gerne, aber mit Jan wurde ich nicht warm. Es hat mich beeindruckt, wie fein und empathisch Rietzschel jedem seiner Protagonist:innen ihr:sein persönliches Trauma, eine eigene Atmosphäre verleiht, Ängsten und Träumen zwischen den Zeilen Raum gibt, eingesogen zu werden. Er bringt ein Tabuthema zutage, die graue Zeit der Überwachung und Erniedrigung, Zeiten von Angst und Flucht: "Können wir uns die nächsten vier Wochen nur bei laufender Waschmaschine unterhalten?" (S. 192) Noch dazu flicht er zeitgenössische Kunst ein, ein von ihm fiktional erschaffenes Schicksal wahrer Menschen, die phasenweise ein wenig der Rasanz raubten, aber nichtsdestoweniger interessant zu verfolgen waren.Insgesamt hat mich „Raumfahrer“ arg für sich gefangen genommen, und das Charisma des Schreibstils Rietzschels wie die geschichtliche Relevanz und Bedeutsamkeit der Geschichte wirken noch immer nach.
Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen. Vergangenheit und Gegenwart. Der Autor lässt seinen Hauptprotagonisten Jan über die Verstrickungen von zwei ostdeutschen Familien über Nachkriegszeit bis hin zur Wende erzählen.Die Wiedervereinigung bringt Gefühle, Erinnerungen und Wissen zutage. Die Aufarbeitung jahrelanger Trennung und daraus resultierender Folgen schildert der Autor gekonnt in seinem Roman. Der Schreibstil und die kurzen Kapitel lassen das Lesen kurzweilig erscheinen und man kommt schnell durch die Geschichte. Der Autor hat genau den richtigen Ton der Zeit, des Schauplatzes getroffen. Für alle Nachwendegeborene ein Blick in die Vergangenheit der Ostdeutschen.Es wäre schön gewesen, wenn einge Daten die genaue Zeit gekennzeichnet hätten. Manchmal war es etwas verwirrend.Mir hat die Geschichte gut gefallen!
Schon mit seinem Vorgänger "Mit der Faust in die Welt schlagen" schafft es der 1994 geborene Autor mich zu beeindrucken, ein recht wahrheitsgetreues Bild bestimmter Gruppen unseres Landes zu zeichnen. Ein erschreckendes Bild! Ja. Aber kein falsches Bild. Wir, die wir im Osten leben, kennen genau solche Leute. Und leider gibt es davon so einige. Aber man muss darüber reden, miteinander reden, der Polemisierung nicht das Feld überlassen. Gerade der Umgang mit Corona zeigt besonders in Sachsen die Gefährlichkeit solcher Gruppen. Ist interessant, wer sich immer so mit Dingen auskennen will, von denen er oder sie absolut keine Ahnung hat. Ich bin eine von denen in den Krankenhäusern, die in den Coronastationen gearbeitet hat und gesehen hat, wie dieses Sterben der Leute ist!!!In der Rezi zu "Mit der Faust in die Welt schlagen" hatte ich bemängelt, dass ein Blick in die DDR fehlt. Genau diesen Blick bringt Lukas Rietzschel jetzt in "Raumfahrer". Einen interessanten Blick! Etwas ungeordnet, aber deshalb nicht uninteressant. Die Wahrheit hinter dem System präsentierte sich den DDR-Bürgern ja auch nicht auf dem Silbertablett, sondern eher auf verschlungenen Wegen. Und in diesem Buch liest man welche Wege die Stasi genommen hat, zu was diese Institution bereit war. Und da skandieren Menschen heute etwas von Bevormundung im jetzigen Deutschland oder von einer nicht bestehenden Meinungsfreiheit. Man kann doch sagen was man will! Wie beschreibt man denn dann unsere Vergangenheit? Wie blind muss man denn sein? Zu empfehlen wäre zu den hier geschilderten Themen auch die Serie "Weissensee"! Aber auch "Raumfahrer" zeigt einen Teil der DDR-Vergangenheit und die Möglichkeiten der lenkenden DDR-Behörde und ihre ganze Menschenverachtung. Und Lukas Rietzschel zeigt, was dies mit den Betroffenen gemacht hat, zeigt aber auch, was mit den Tätern, den Raumfahrern nach der Wende geschah. Und dann wieder mit deren Kindern, die für die Machenschaften der Eltern nichts konnten, aber damit leben müssen, sofern sie von den Taten der Eltern erfahren, wie das Jan in dem Buch geschieht. Ein weit gefächerter Blick, den der Autor hier schafft und den ich toll finde. Allerdings muss man für so einen Blick bereit sein! Und nicht die Augen davor verschließen. Obwohl ich auch das Augenverschließen verstehen kann. Denn die DDR ist lange vorbei und eine Reduzierung der Ostbürger darauf lässt sich wohl 2021 langsam nicht mehr begründen!!! Oder?
Veranstaltungen & Medientermine
Lukas Rietzschel liest aus ›Raumfahrer‹ bei der Veranstaltung "Der Sound des Ostens - gibt es den?" mit Lutz Rathenow
Andreasstraße 37a
99084 Erfurt
Pressestimmen
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Rietzschel ist derzeit eine der wichtigsten jungen Stimmen Ostdeutschlands.
Kevin Hanschke, 27.05.2022
Welt am Sonntag
Dieser Roman über die Lausitz verzahnt Nachwende- und Nachkriegszeit. Formstark.
Marc Reichwein, 17.10.2021
MDR
Lukas Rietzschel stellt die bisherigen Klischees auf den Kopf, dass man meinen könnte, die deutsche ...Geschichte sei bisher noch gar nicht geschrieben worden. mehr weniger
Torsten Unger, 19.09.2021
Deutschlandfunk
Kaum ein Autor schreibt derzeit empathischer über Männlichkeit.
Miriam Zeh, 02.08.2021
Deutschlandradio Kultur
Lukas Rietzschel gilt nicht nur als wichtige Stimme einer ganz jungen Generation von Schriftstelleri...nnen und Schriftstellern, sondern auch als Experte für Ostdeutschland. mehr weniger
Matthias Schürmann, 26.07.2021
Welt am Sonntag
Der Roman ›Raumfahrer‹ ist feine, große Literatur.
25.07.2021
Die Welt
Lukas Rietzschel schreibt szenisch kondensiert, ihm genügen wenige Sätze, um Stimmungen und Figuren ...zu zeichnen, manche Kapitel sind kaum mehr als Vignetten. mehr weniger
Marc Reichwein, 24.07.2021
MDR Kultur
Rietzschel gelingt eine komplexe Familiengeschichte vor dem Hintergrund der deutschen Teilung, es is...t eine vielschichtige Story. mehr weniger
Matthias Schmidt, 23.07.2021
Lesart
Dieser vielleicht finstere, aber auf jeden Fall frische Blick auf Vergangenheit und Gegenwart macht ...diesen Roman lesenswert. mehr weniger
Matthias Schümann
ZeitZeichen
Die Erzählkunst liegt darin, dass hier so vieles in der Schwebe bleibt, auch stilistisch: Das Buch i...st jedenfalls teilweise Künstlernovelle, Stasidrama und insgesamt ein Nachwenderoman, der individuelle Figuren entwirft, die für exemplarische Erfahrungen stehen. mehr weniger
Thomas Groß
Die Rheinpfalz
Rietzschel ist eine wichtige literarische Stimme Ostdeutschlands. Von ihm ist noch Großes zu erwarte...n. mehr weniger
Gerhild Wissmann, 27.06.2022
Kreuzer
Als Meister der Ekphrase beschreibt Rietzschel nicht nur die einfachen Haushalte, wo man mit Scheuer...milch putzt, eingeschweißte Wurst isst und Dosenbier trinkt, so plastisch, dass man glaubt, mittendrin zu sein, sondern auch die Gemälde, die man danach betrachtet, wie alte Bekannte. mehr weniger
Rebecca Maria Salentin, 01.04.2022
soundsandbooks.com
Ein sehr lakonischer und nachdenklich stimmender Roman.
Gerárd Otremba, 29.12.2021
tip (Berlin)
Mit seinem zweiten Roman etabliert sich Lukas Rietzschel eindrucksvoll als ostdeutsche Stimme der nä...chsten Generation. mehr weniger
Welf Grombacher, 23.12.2021
Kölnische Rundschau
Der junge Autor Lukas Rietzschel horcht an den Gemütszuständen der Wende-Verlierer, beschreibt Atmos...phären nüchtern und genau. mehr weniger
18.12.2021
Mannheimer Morgen
Die Erzählkunst zeigt sich darin, dass hier so vieles in der Schwebe bleibt, auch stilistisch und fo...rmal. mehr weniger
Thomas Groß, 15.12.2021
vorwärts
Es ist ein Glück, dass es mit Lukas Rietzschel einen begnadeten Autor gibt, der diese Fragen stellt.
01.12.2021
Abendzeitung
Lukas Rietzschel taucht in seinem zweiten Roman ›Raumfahrer‹ erneut in spannende ostdeutsche Lebensw...elten. mehr weniger
Oliver Pfohlmann, 18.10.2021
Landshuter Zeitung
Mit seinen Widersprüchen und seiner Orientierungslosigkeit erinnert dieser Vater seinen Sohn an die ...Figuren in den Gemälden Georg Baselitz', auf dem Kopf stehend, haltlos im Nichts treibend. mehr weniger
Oliver Pfohlmann, 16.10.2021
Westfälischer Anzeiger
Mit dem Roman ›Raumfahrer‹ schlüsselt Rietzschel ein ostdeutsches Lebensgefühl auf.
25.09.2021
Kreiszeitung
Mit dem Roman ›Raumfahrer‹ schlüsselt Rietzschel ein ostdeutsches Lebensgefühl auf.
Achim Lettmann, 25.09.2021
Märker
Ein ehrliches, wichtiges Buch über das Land, in dem wir leben.
18.09.2021
General-Anzeiger
Lukas Rietzschel (27) gilt als eine der wichtigsten literarischen Stimmen aus dem Osten Deutschlands.... mehr weniger
Roland Mischke, 04.09.2021
ensuite
Ein Roman, der sicherlich hohe Wellen schlagen wird.
01.09.2021
Buchkultur
In »Raumfahrer« wird völlig ohne Kommissare oder irreale Elemente und allein durch die Dramaturgie e...ine Spannung aufgebaut, die so manchen Thriller hinter sich lässt [...]. mehr weniger
Christa Nebenführ, 26.08.2021
Der Tagesspiegel
Das starke Werk eines talentierten Autors, von dem noch einiges zu erwarten ist.
Oliver Pfohlmann, 24.08.2021
Mitteldeutsche Zeitung
Wie Lukas Rietzschel erzählerisch das Fernglas auf die Nahvergangenheit richtet, ist ein vitales Stü...ck Literatur. mehr weniger
Christian Eger, 23.08.2021
Buchprofile/medienprofile
Lukas Rietzschel hat mit seinem zweiten Roman abermals eine gelungene Talentprobe vorgelegt, einen e...rzählerischen Versuch zwischen Vergangenem und Neuem, Kunst und Politik, Leben und Erinnern. mehr weniger
Michael Braun, 18.08.2021
Deutschlandfunk Kultur
In kurzen hingetupften Sätzen, prägnant, voller Spannung, mit Rhythmus und starken Bildern verknüpft... Lukas Rietzschel das Schicksal der Generationen dieses Landes. mehr weniger
Johannes Nichelmann, 18.08.2021
tam.tam Das Stadtmagazin für Erfurt & Region
›Raumfahrer‹ ist sowohl komplexes Familiendrama als auch authentische Milieustudie des erst unglückl...ich geteilten, dann unglücklich wiedervereinigten deutschen Ostens. Groß erzählt - Lesetipp! mehr weniger
13.08.2021
dpa
Rietzschel trifft einen Ton, der berührt.
Birgit Zimmermann, 11.08.2021
Eßlinger Zeitung
Aus dieser Perspektive hat man auf den Prozess einer ostdeutschen Identitätsbildung noch nicht gebli...ckt. mehr weniger
Stefan Kister, 07.08.2021
Podcast F*luxx
Lukas Rietzschel] vermeidet den Eindruck, es gebe eine gültige Erzählung oder Erinnerung über das Le...ben in und nach der DDR. Gerade dieses Ringen um Gerechtigkeit im Blick auf die Geschichte überzeugt. mehr weniger
Martina Läubli, 07.08.2021
Süddeutsche Zeitung
Es gehört zu Rietzschels sparsamer Erzählweise, vieles nur anzudeuten und die Einzelheiten hart nebe...neinander stehen zu lassen. Er schreibt in kurzen, stakkatohaft hingetupften Sätzen. Das macht den Reiz dieses spröden Romans aus. mehr weniger
Jörg Magenau, 06.08.2021
Kölner Stadt-Anzeiger
Das große literarische Potenzial und die eigene Stimme des jungen Autoren, der in Görlitz lebt, sind... nicht zu überlesen. mehr weniger
Sarah Brasack, 06.08.2021
ZDF
Lukas Rietzschel ist einer der talentiertesten Schreiber seiner Generation. Raumfahrer ist ein brill...antes Buch, in dem er das macht, was er am allerbesten kann: Er erzählt ostdeutsche Familiengeschichte, Scheibe für Scheibe, fein seziert, wie beim Häuten mehr weniger
Markus Lanz, 05.08.2021
kulturnews.de
Vor allem aber brennen sich die Worte ein, die er findet, um die Gemälde von Georg Baselitz zu besch...reiben: Sie machen ein Verlorengehen in der Geschichte fühlbar. mehr weniger
Buch der Woche, 27.07.2021
Märkische Oderzeitung
Mit seinem Roman ›Raumfahrer‹ landet Lukas Rietzschel jetzt den zweiten großen Streich.
Welf Grombacher, 24.07.2021