Ich tat die Augen auf und sah das Helle
Gedichte und Prosa. Ausgewählt und mit einem Vorwort von Daniel Kehlmann
Zu Mascha Kalékos fünfzigstem Todestag wirft Daniel Kehlmann einen persönlichen Blick auf das Werk seiner Schriftstellerkollegin – auf die »Großstadtlerche«, die glücklich und unglücklich Liebende, die berlinkranke Kosmopolitin.
Mascha Kaléko
Mascha Kaléko kam am 7. Juni 1907
in Chrzanów in West-Galizien (Österreich-Ungarn, heute Polen) zur Welt. Um den
Pogromen zu entkommen, floh die Familie 1914 nach Deutschland; ab 1918 lebte
sie im Berliner Scheunenviertel. Dort ging Mascha Kaléko zur Schule und machte
anschließend eine Bürolehre. 1928 heiratete sie den Journalisten und Philologen
Saul Kaléko.
Ab 1929 veröffentlichte Mascha Kaléko in Zeitungen ihre ersten Gedichte. 1933 erschien mit ›Das lyrische Stenogrammheft‹ ihr erstes Buch im Rowohlt-Verlag und machte die junge Dichterin schlagartig bekannt; 1934 folgte ›Kleines Lesebuch für Große‹.
Der Aufstieg der Nationalsozialisten und das Publikationsverbot, mit dem sie Mascha Kaléko 1935 belegten, setzten ihrem Aufstieg ein jähes Ende. 1938 emigrierte sie mit ihrem zweiten Ehemann Chemjo Vinaver und dem gemeinsamen Sohn nach New York. In einem Exilverlag erschien 1945 ihr Gedichtband ›Verse für Zeitgenossen‹.
1956 trat Mascha Kaléko ihre erste Deutschlandreise nach dem Krieg an. Rowohlt brachte Neuauflagen des ›Lyrischen Stenogrammhefts‹ und der ›Verse für Zeitgenossen‹ heraus. In den folgenden Jahren erschienen weitere Gedichtbände bei verschiedenen Verlagen.
1959 war das Ehepaar Kaléko-Vinaver aus den USA nach Jerusalem gezogen. Eine Heimat fand die Dichterin dort aber nie; bis an ihr Lebensende reiste sie viel. 1968 starb ihr Sohn Steven, ein Schicksalsschlag, von dem sich die Eltern nicht mehr erholen sollten. Nach langer Krankheit starb 1973 auch ihr Mann. Im Sommer 1974 trat Mascha Kaléko ihre letzte Europareise an. Sie starb am 21. Januar 1975 in einer Zürcher Klinik.
Diese Edition ist die erste kommentierte Werkausgabe Mascha Kalékos. Sie macht das Gesamtwerk und die Korrespondenz der Dichterin erstmals einem breiten Publikum zugänglich. Die zu Lebzeiten und im Nachlass veröffentlichten Werke der Schriftstellerin werden um Zeitungspublikationen und die unveröffentlichten Schriften aus dem Nachlass ergänzt. Mascha Kalékos Briefe zeigen eindrucksvoll die literarische Entwicklung der Autorin, aber auch die Dichterin als Privatperson – als Ehefrau, Mutter und Freundin. Ihr regelmäßiger intellektueller Austausch mit Schriftstellerkolleginnen und -kollegen wie Ingeborg Drewitz, Hilde Domin, Hermann Kesten, Walter Mehring, Kurt Pinthus und vielen anderen liefert kostbare literaturgeschichtliche Dokumente.